Geschmiedet, gefeilt geschliffen...

  • Hallo zusammen,

    mal wieder was von mir, ein Gebrauchsmesser, für meinen guten Bekannten, Fischermeister in Pension, er will es zum verschenken.
    Freihandgeschmiedet aus einem Meißel alter Provenienz, DRP, also deutlich älter als ich. :D
    Griff und Klingensymmetrie waren weitestgehend vorgeschmiedet, die Lage der Spitze ist mit der Feile festgelegt worden. 2 Bilder als Rohling, eines nach der WB. Ambossbild, Mitte :)

    WB wie üblich, Holzkohlefeuer, Salatöl, angelassen im altbewährten glühenden Eisenklotz, zweimal auf Strohgelb.
    Differentiell härten habe ich mich diesmal nicht getraut,weil die Klinge relativ dünn ist.
    Verzug wollte ich nicht haben, weil ich die Klinge vor dem Härten schon bis 800 er Körnung geschliffen hatte...
    KL 120mm, GL 105mm KS an der Klingenwurzel 4 mm bis zur Spitze gleichmäßig abnehmend.
    Breit ist sie 28 mm.

    Der Anschliff ist strikt keilförmig, ohne sichtbare Schneidfase, es dürfte so recht schneidfreudig sein...
    Der Abzug erfolgte auf Wassersteinen; is scharf...

    Der Griff ist Maserbirke, das Zeug wird nicht alle, ich habe glaube ich, noch ungefähr 20 Kilo...
    Verklebt mit Bindulin, vernietet mit 3,5 mm Kupferdraht.
    Er hat gefühlte 10 Anstriche mit Hartöl, vorher eine Grundimprägnierung mit Leinöl.
    Die Hülle ist aus Rindsleder, handgenäht, sodagehärtet, 2,5 mm x 8mm Keder. Gefärbt hatte ich gedacht champagnerfarben, es ist ein dunkler Whiskeyton geworden, das tut der Sache glaube ich, keinen Abbruch.
    Das Leder ist ordentlich gefettet, 3mal Erdal, man glaubt gar nicht wie schnell es das Zeug aufsaugt, nur in der Naht bleibt es so kleben.
    Sie ist lang oder kurz zu tragen, mit Gürtelschlaufe oder Lasche, dann allerdings nur bis Gürtelbreite von 40mm.
    Auf jeden Fall kann der künftige Nutzer damit Kopfstand machen, es rutscht nicht raus...

    Ansonsten kann ich sagen, ich habe schon schlimmeres fabriziert, es sieht nicht ganz finishfrei aus, also minimalistisch ist es schon noch- aber nicht ganz hardcore :D Schmiedespuren habe ich an der Klingenwurzel gelassen... :P
    Seid bitte nicht so hart mit mir.

    Ach so- einzige Maschinenarbeit daran, Gebläse der Esse und Bohrmaschine...

    Viele Grüße, Andreas!

  • Guten Morgen, Andreas!
    Ja, gefällt :thumbup: - die Form Macht einen sehr gebrauchstüchtigen Eindruck, die Eckdaten klingen vielversprechend und die Umsetzung ist gelungen. Gerade durch die sichtbaren Schmiedespuren, das Griffmaterial und die Farbe der Lederscheide, hat das Ganze im positivsten Sinne einen leicht archaischen Anspruch: so als hätte es der erfahrene Großvater (hier wurde bei den finnischen Äxten ein Video verlinkt, wo der einen Axtstiel schnitzt - den meine ich ;) ) so getragen. Finde ich absolut super!
    Ein klasse Messer mit passender Scheide.
    Beste Grüße,
    Rainer

    Blaupfeil - the sky is the limit..

    1-participant.jpggentleman-messer-contest-champion.jpgaxt-gold.jpgwanderer1.jpg

  • Hallo Andreas
    Wir sollen nicht zu hart zu dir sein?
    Ich habe Respekt davor, was du allein mit deinen Händen so hinbekommst.
    Mir gefällt die Form deines Messers und auch dass du hier etwas mehr gefinisht hast als sonst.
    Ein sehr gelungenes Ambossheini-Messer mit schönem Griff und wunderbar passender Scheide.
    Gefällt mir richtig gut.

    Gruss Heiri

  • Hallo Andreas,

    das ist Dir wirklich gut gelungen.
    Hat noch genügend nostalgische Ausstrahlung, ist aber auch formschön geworden, der Griff macht sich sowohl von der Form als vom Holz her gut
    und gebrauchstüchtig ist das fertige Messer allemal.

    Die Lederscheide ergänzt sich hervorragend mit dem Messer und die Befestigungsart passt ebenso optimal dazu.

    Da hat der Herr "Verleihnix" http://www.asterix.com/les-produits-d…images/pv01.gif nun aber ein überzeugendes Geschenk an die Hand bekommen ......

  • Hallo zusammen,

    ich bin überwältigt von den ganzen Daumen und den wohlmeinenden Kommentaren, vielen Dank...
    @ Rainer, ja ich denke auch es geht ein bisschen in die nordische Richtung, wobei es natürlich zwischen allen Stühlen sitzt. Eine Kopie von irgendwas mache ich nicht so gern- zum einen- ich glaube das sollte ich nicht, zum anderen- wenn dann nehme ich verschiedene Merkmale und bringe sie in leicht veränderter Form zusammen.
    @ heiri, "Ambossheini- Messer" :D , ich glaube das könnte als Adelstitel oder Ritterschlag durchgehen...
    @ wastl, naja schick- will ich eigentlich nicht, aber es hat sich halt so ergeben. Ich war noch bei der Behandlung des Rohlings am Überlegen, ob ich diesmal die Schmiedehaut entferne- ich habe es nicht übers Herz gebracht.
    @ Thomas, Die Lederhose mache ich generell so, wie ich sie auch tragen würde...
    Da überrede ich sogar Leute mit festen Vorstellungen, so z. B. bloß zwei Schlitze in die Lasche schneiden.
    Das habe ich ein einziges Mal gemacht. Es beult aus, das Leder verzieht sich... Nie wieder. Immer extra Lasche, oder sowas eben wie die oben.
    Und der Haken, solange ich noch ca 1-2 Kilos davon habe, mache ich auf Anfrage auch einen. Es trägt sich zwar ein bisschen baumelig, aber irgendwie kann man ja da noch was dran hängen...

    Vielen Dank, viele Grüße

    Andreas!

  • Hallo Andreas,
    Selbstverständlich hatte ich das im übertragenen Sinne gemeint: ein sympathischer Typ, der weiß worauf es ankommt und mit der Natur und dem Handwerk verwachsen ist. So einer würde dieses Messer mit Freuden tragen. Ich hatte das als Kompliment verstanden :) - nicht als Kritik (und welches Messer er konkret im Video einsetzt, weiß ich gar nicht).
    Also nochmals: klasse Messer! :thumbup:
    Beste Grüße,
    Rainer

    Blaupfeil - the sky is the limit..

    1-participant.jpggentleman-messer-contest-champion.jpgaxt-gold.jpgwanderer1.jpg

  • Hi Rainer,

    Naja, vielleicht hätte er das dazu genommen, probehalber, wer weiß?

    Das Video ist aus den 30 iger Jahren, der Stahl von meinem Schnippler ist auch aus der Zeit, wo man noch mit DRP stempelte. Schade, dass ich kein Restchen mehr davon habe.

    Aber mit der Handhabbarkeit halte ich es eigentlich auch so, wie der ältere Herr im Video. In erster Linie muss es stabil sein.
    Es muss in die Hand passen, da ist mir Aussehen irgendwie zweitrangig. Es darf nicht in der Hand drücken, man darf kleine Blasen an den Händen kriegen. Es muss abgedichtet sein, zwischen Schalen und Erl darf kein was auch immer dazwischenkommen. Gerade im vorderen Bereich. Wenn dann das Aussehen aus einem Zufall heraus gefällig ist- warum nicht :) ?

    Viele Grüße, Andreas

  • Hallo Andreas,

    super Messer bei dem ich immer wieder von deiner "für mich besonderen Vorgehensweise" faszinier bin. Schmieden, den Stahl mit Hammerschlägen in Form bringen...und wenn es hoch kommt mal eine Bohrmaschine ran lassen. Was dabei rauskommt sind absolut klasse Messer in deinem eigenen Style.... und darauf kommt es an! Handschmeichler, scharf ohne Ende und wahrscheinlich überleben sie die nächsten 200 Jahre...

    Ich finde das Messer klasse, sehr schönes Griffmaterial, super Form (handlich) und eine Klinge aus einem Meißel hat auch nicht jeder!!!

    Gruß Ralf

  • @Ralf,

    Danke Dir für das Statement!
    Najaa, ich will mal so sagen, dafür dass die Dinger wirklich mit minimalistischem Werkzeug- und ohne Maschineneinsatz entstehen, gehen sie, ja. Beim Aussehen lege ich wie gesagt nicht den gesteigerten Wert drauf. Bestimmte Kriterien müssen natürlich stimmen.
    Bei der WB betreibe ich größtmöglichen Aufwand, das bringt Punkte...
    Aber wo wir gerade dabei sind, im letzten Messermagazin sind Bilder drin von der Ausstellung in Pribram, CZE.
    Da ist es wieder wohltuend zu sehen, dass es im tiefsten Osten mehr Macher gibt, die den rustikalen Stil machen. Mitunter noch gröber wie ich... Glaubt man nicht, aber ich habe gestaunt...
    Jedenfalls liege ich da im Mittelfeld... :D


    Viele Grüße, Andreas!

  • Hallo Andreas,

    du lebst genau in meiner Messerwelt ! :thumbsup:

    Gruß
    Bernhard

    Man muß Gott danken, selbst für einen Unterfranken.
    Nunc est bibendum (Lasst uns trinken!) :beer: (Kellerbier)