Benchmade Bugout 535-3

  • Liebe Community,

    heute möchte ich mein Review zum Bugout 535:

    tarrot
    18. August 2019 um 18:37

    um ein paar Worte und einige Bilder zu seinem etwas edleren Bruder, dem 535-3, ergänzen.

    Im Grunde unterscheidet sich das 535-3 vom 535 nur durch die verwendeten Zutaten:

    Als Griffmaterial Corbonfiber statt Grivory und als Klingenstahl S90-V statt S30-V.

    Als Eyecatcher ist am 535-3 hinten zusätzlich ein blau anodisierter Spacer verbaut.

    Jetzt aber erstmal Bilder von meinem Ensemble an Bugouts, zu denen auch das kleine 533 gehört:


    Reviews zu den Bugouts und natürlich auch zum 535-3 gibt es insbesondere auf youtube zuhauf.

    Und da die Maße der Bugouts auch hinreichend bekannt sind, bitte ich um Nachsicht, dass ich auf unötiges Wiederholen verzichte.

    Was haben die meisten Reviews zum Edel-Bugout gemeinsam?

    In kaum einem wird die Frage bejaht, ob sich der für´s 535-3 aufgerufene Mehrpreis im Vergleich zu den Standard 535 wirklich lohnt.

    Und ja, ich komme zu demselben Ergebnis. S90-V ist klar der teurere Stahl gegenüber einem S30-V, auch ist er um ein Mehrfaches schwerer zu bearbeiten,

    und natürlich ist Carbonfiber exklusiver als Grivory. Auch ist der Aufbau hinten mir dem zusätzlicher Spacer aufwendiger. Dies rechtfertigt aus meiner Sicht aber nicht einen doppelt so hohen Preis. Siehe dazu auch weiter unten.

    Glück braucht der Mensch, denn ich bin an meins durch einen Verkauf im Nachbarforum zu einem deutlich besseren Einstandspreis rangekommen.

    Kommen wir zur Verarbeitungsqualität:

    Beim 535-3 steht wie bei seinen Brüdern die Klinge absolut mittig - was man bei Benchmade inzwischen ja öfters vermisst.

    Auch der Axis gleitet sehr gut, wenn auch nicht so butterweich wie beim 535 oder 533.

    Von der Haptik und ebenso der Stabilität her ist das Carbonfiber dem Grivory natürlich überlegen. Während beim 535 in geöffnetem Zustand die Schalen bei relativ leichtem Druck nach innen nachgeben, muss man beim 535-3 schon deutlich fester drücken, und selbst dann gibt das Carbonfiber kaum nach.

    Das 535-3 ist demnach deutlich stabiler.

    Ein weiterer kleiner Unterschied zwischen 535-3 und 535 ist das Gewicht: Durch den Spacer wiegt das 535-3 rund 5 Gramm mehr - 57,3 statt 52,5 Gramm :)

    Ansonsten ist am 535-3 alles glatt, geschmeidig, edel und gut. Bis auf...

    ...zwei Punkte, welche die Freude am 535-3 gehörig trüben können: Es ist das Klingenfinish, und es ist die Schärfe.

    Ich habe, wie gesagt, das 535-3 aus dem Nachbarforum, allerdings als neuwertig und unbenutzt gekauft. Ich kenne den Verkäufer schon aus etlichen Deals und es besteht nicht der geringste Zweifel für mich, dass das 535-3 die zugesicherten Eigenschaften besaß, als ich es bekam.

    Kurzum: Die Schärfe war keine. Auf der Schneide hätte man nackert nach Rom reiten können. Und das Klingenfinish? Die von oben nach unten gehende Satinierung

    wird in horizontaler Richtung der Klinge von kleinen, ganz feinen Kratzerchen gestreift. Etwa so, als wenn man da mit einer Stahlbürste kurz drüber gewischt hätte. Lässt sich schwer fotographieren, aber ich habe es mal versucht:


    Dieses Phänomen hatte ich übrigens schon einmal an einem 565-1 gesehen: Das gleiche "Streifenmuster" und eine ebenso stumpfe Klinge. Zufall oder Schlamperei in der Qualitätskontrolle?

    Zum Anschliff. Würde man hier den Vergleich zu einer Mikrosäge anstellen, man läge nicht daneben. Deutliche Riefen längs der Schneide auf beiden Seiten. Mit dem Fingernagel über die Schneide gefahren: Ruckeln am Stück von vorne bis hinten.

    Es hat mich - zugegeben - einige Überwindung gekostet, ein neues Messer wie dieses erstmal zu schärfen. Aber gab es Alternativen dazu? Nein. Also ran an den Sharpmaker. Zunächst an den mittleren, danach an den feinen Stäben:

    Deutlich zu erkennen der Abrieb des S90-V, verursacht hauptsächlich erstmal durch das Glätten der Seiten der Schneide.

    Trostspender und meditativer Verstärker des Schärfprozesses: Karlsberg Urpils.

    Nach einer guten Stunde lang 10-links, 10-rechts: Geschafft :thumbsup:. Das 535-3 rasiert.

    Auch die Schneidenseiten sehen jetzt deutlich besser aus, das "Gebirge" ist zur Hälfte verschwunden.

    Was bleibt als Fazit?

    Hätte ich das Messer von einem Händler bekommen, es wäre stante pede wieder zurück gegangen. So wie das 565-1, das dieselben Mängel hatte.

    Eindeutig overprized, das 535-3.

    Zum täglichen Gebrauch reicht das normale 535 völlig- zumal das Messerchen mit seinen knapp 2,3 mm Klingenstärke und fast durchgängigem

    Flachschliff zwar hervorragend als EDC, aber auch zu nichts anderem darüberhinaus taugt.

    Was bleibt, das ist natürlich der Coolnessfaktor des 535-3. Das ist schon schick.

    Und was mir persönlich am besten gefällt:

    Normalerweise ist es bei mir so, dass ich bei einem Messer dieser Preisklasse schon arg zögere, es in Gebrauch zu nehmen.

    Von diesen Skrupeln hat mich die coole Socke erlöst :greenbiggrin:


    Schönes Wochenende

    Axel

  • Axel, ich finds auch geil!

    Das ist aber wieder so ein Ding, wo ich erst seeeehr lange drumherum schleiche und wenn es sie dann noch gibt, erst nach Ewigkeiten kaufe.

    Wie liegen diese Modelle denn Preislich zu einem halbwegs gutem Kurs?

    Dankeschön für die Vorstellung und die tollen Bilder.

  • Hallo Axel,

    nach Genuss Deiner absolut unterhaltsamen und interessanten Review sind mir zwei Dinge zur Frage "lohnt sich der Aufpreis" aufgefallen:

    Von der Haptik und ebenso der Stabilität her ist das Carbonfiber dem Grivory natürlich überlegen.

    Was bleibt, das ist natürlich der Coolnessfaktor des 535-3.

    Laut Deinem Test spielt das 535-3 in einer anderen Liga als das normale Bugout. Diese Sondermodelle waren bei Benchmade immer schon kostspieliger.

    Ob sich dafür dann der Aufpreis lohnt oder nicht, sollte natürlich jeder für sich entscheiden.

    Mir gefällt es sehr gut und ich finde es auch sehr verständlich und nachvollziebar, dass Du es Dir gekauft hast.

    Grüße,

    Thomas

  • Vielen Dank für den tollen Bericht!

    Auch mir gefällt das Messer ausnehmend gut.

    Das mit der mangelnden Schärfe ist ärgerlich. Ich hatte ja vor einiger Zeit das Vergnügen einer privaten Führung durch die ganze Benchmade-Firma. Da war ich recht überrascht, wie die Klingen geschärft wurden - an einem relativ groben Band mehr oder weniger freihand. Wenn da nun der Stahl deutlich verschleißbeständiger ist, könnte den Mitarbeiter das etwas unterschätzt haben.

    Allerdings würde ich bei so einer einfach schärfbaren Klingen-Geometrie die frisierte Tormek ansetzen - da wäre es eine Sache von Minuten gewesen. :)

    Viele Grüße - freue mich schon auf weitere Berichte

    Gerhard

  • Servus Axel,

    Dein Review ist ein Desaster für dieses Messer. :grenshocked:

    In vielen Messer-Reviews wird kaum Negatives geschrieben, und wenn dann sind es theoretische Abhandlungen über Promillepunkte an Stahlbestandteilen, die angeblich die Welt retten, und ähnliches Gewäsch. Oder subjektive Aufschneidereien, wonach es doch gar nicht ginge, dass der Griff 1 mm dicker ist als der andere und wie doof die Firma doch sein kann, so einen Unsinn zu machen etc. Du weißt schon. :greenugly:

    Hier nehme ich mit, dass Benchmade über ein paar Tricks (Materialaufwertung, kennen wir von vielen (Luxus-)Produkten) ein Sammlerstück zum Kassenfüllerpreis kreieren wollte, es aber leider nicht drauf hatte. :greendown:

    Ich danke für Deine Offenheit! :respekt:

    Viele Grüße

    Marc

    PS. Nur damit das keiner falsch versteht: Ich hatte selbst Benchmade-Messer in der Hand (hab auch selbst eins, wenn auch ein unübliches), ich weiß, was die machen und (normalerweise) auch können. Das hier geht aber m.E. gar nicht. :greenconfused:

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • Hallo Thomas, Gerhard und Marc,

    Production-Knives finden in der BC ja leider, aber verständlicherweise nicht so viel Beachtung.

    Daher freue ich mich umso mehr über Eure Kommentare :thumbsup:. Vielen Dank!

    Laut Deinem Test spielt das 535-3 in einer anderen Liga als das normale Bugout. Diese Sondermodelle waren bei Benchmade immer schon kostspieliger.

    Ob sich dafür dann der Aufpreis lohnt oder nicht, sollte natürlich jeder für sich entscheiden.

    Hallo Thomas,

    natürlich hast Du Recht. Das Objekt der Begierde und sein Preis. Es gibt zwar objektive Kriterien wie z.B. die Materialwahl, Serienfertigung, Handmade oder gar Custom. Und dennoch muss jeder für sich rein anhand seiner Vorlieben ganz subjektiv entscheiden, ob er das Messer so wie es beschrieben ist gerne möchte. Dann lohnt es für einen selbst auf jeden Fall den Preis. Beim 535-3 verhielt es sich nur leider so, dass meine Erwartung an das Vorliegen der objektiven Kriterien in Bezug auf die Verarbeitungsqualität, die ja auch zum Teil durch den hohen Preis und den Ruf der Marke hervorgerufen wird, enttäuscht wurde. Daher fiel meine Kritik am 535-3 auch etwas harscher aus.

    Ich hätte vielleicht besser schreiben sollen: "Bei der gelieferten Qualität löhnt sich die Investition nicht".

    Das mit der mangelnden Schärfe ist ärgerlich. Ich hatte ja vor einiger Zeit das Vergnügen einer privaten Führung durch die ganze Benchmade-Firma. Da war ich recht überrascht, wie die Klingen geschärft wurden - an einem relativ groben Band mehr oder weniger freihand. Wenn da nun der Stahl deutlich verschleißbeständiger ist, könnte den Mitarbeiter das etwas unterschätzt haben.

    Hallo Gerhard,

    an einem groben Band und relativ freihand geschärft? Eine sehr interessante Beobachtung. Vielen Dank für´s Teilen.

    Das erklärt, warum mir in letzter Zeit einige Klingen mit sehr hoch legierten und sehr hoch gehärteten Stählen untergekommen sind, die ein dementsprechendes Schleifmuster aufweisen.

    Durch diese tiefen Riefen an den Schneidenflanken leidet die Kantenstabilität. Die Klinge neigt so eher zu Ausbrüchen.

    Was nutzt dann ein hoch gehypter Stahl, wenn an einer der wichtigsten Stellen des Messers beim Verarbeiten gespart wird. Das ist einfach ärgerlich.

    Dein Review ist ein Desaster für dieses Messer. :grenshocked:

    Grüß Dich Marc,

    naja, ganz so drastisch sollte meine Kritik am 535-5 nicht rüberkommen, aber es stimmt. Man liest zu selten was wirklich Kritisches.

    theoretische Abhandlungen über Promillepunkte an Stahlbestandteilen, die angeblich die Welt retten, und ähnliches Gewäsch.

    Ja, das bringt es auf den Punkt. Ein weiterer Aspekt.

    Manche Ansichten nicht nur in Reviews sind inzwischen so weit von der Realität des normalen Users entfernt,

    dass ich das Interesse an ihnen und dem Thema mehr und mehr verliere. Das gilt gleichermaßen für die exotischen PM-Stähle.

    Zwar nach wie vor interessant, aber wenn´s nur noch um die zehnte Stelle hinter dem Komma an Härtegewinn zu Lasten der Zähigkeit beim Weglassen oder Hinzufügen von welchen Legierungselementen auch immer geht, dann ist irgendwann auch mal gut :greenlol:...

    Schönen Sonntag noch euch allen

    Axel

  • Daher fiel meine Kritik am 535-3 auch etwas harscher aus.

    Und das ist unter den beschriebenen Umständen äußerst verständlich und ich finde es auch sehr gut, dies in der Review auf's Tablett zu bringen.

    Ich hätte vielleicht besser schreiben sollen: "Bei der gelieferten Qualität löhnt sich die Investition nicht".

    Stimmt, denn so gesehen gebe ich Dir vollkommen recht.
    Wenn es schon ein höherpreisiges Sondermodell sein soll, dann sollte nicht nur das Material premium sein, sondern auch die Verarbeitung

  • Kleiner Nachtrag:

    Dank GeHaWe in diesem Post hier:

    GeHaWe
    5. März 2022 um 18:30

    bin ich auf die Idee gekommen, mal nachzusehen, welcher BESS - Wert von Heinnie Haynes für das 535-3 gemessen wurde:

    Benchmade 535-3 Bugout Carbon Fibre
    UK-based retailer specialising in kit and accessories for the collector, the outdoorsman, the military and the ordinary guy. We stock a massive range of the…
    heinnie.com

    Das wären also sagenhaft gute 135, von denen mein 535-3 meilenweit entfernt war.

    Da war ich recht überrascht, wie die Klingen geschärft wurden - an einem relativ groben Band mehr oder weniger freihand. Wenn da nun der Stahl deutlich verschleißbeständiger ist, könnte den Mitarbeiter das etwas unterschätzt haben.

    Lasst uns hoffen, dass sich dies geändert hat. Oder die QC besser geworden ist. Bestenfalls beides.

  • Ein Wert von 135 ist wirklich sagenhaft. Und mir persönlich erscheint das auch etwas fragwürdig.

    Laut Skala soll so ein Wert von 135 noch besser sein als ein Rasiermesser. So ein Rasiermesser hat eine sehr dünne Schneide, die nicht viel aushalten muss.

    Ein Taschenmesser hingegen sollte eine sehr robuste Schneide haben. Die dann ultra-scharf zu machen ist weder leicht, noch besonders sinnvoll. Zum einen haben wir hier einen rostfreien Stahl mit sehr vielen Carbiden, die sich ja bekanntlich (Roman Landes, et. al.) nicht gut mit einem flachen Schneidenwinkel vertragen, dazu ist die Klinge deutlich dicker und soll mehr aushalten.

    "Ab Werk" sind viele Taschenmesser am Schleifband abgezogen, so war es auch bei Benchmade. Das hat IMHO mehrere entscheidende Vorteile:

    • Man kann das Messer im zusammengebauten Zustand trocken schärfen - mit der Tormek ist das immer etwas sauerei.
    • Es geht schnell
    • Es entsteht eine Mikro-Verzahnung. Im Zugschnitt ist das Messer schön aggressiv und trotz relativ stumpfen Schneidenwinkel schneidet es relativ gut.
    • Dieser stumpfe Winkel hält länger.

    In meinem Beitrag zum Schärfe-Tester habe ich nicht ohne Grund nur Küchenmesser verwendet. Hier habe ich Flachschliff, dünne Klingen, wenig "Karbid-Monster" wie D2, sondern 12C27, AEB-L und Kohlenstoffstahl.

    Fazit: 135BESS ist recht optimistisch. Wenn Du Dein 535-3 vorbei bringst, dann kommen wir hier damit ziemlich sicher unter 200. Viel mehr hält nicht lange und braucht mehr Aufwand als meine üblichen 4 Minuten, die ich einem Küchenmesser auf der Tormek spendiere.

  • Ein Wert von 135 ist wirklich sagenhaft. Und mir persönlich erscheint das auch etwas fragwürdig.

    In der Tat. Bleibt die Frage, inwieweit da korrekt gemessen wurde resp. Toleranzen beim Messen mit reinspielen.

    Wenn Du Dein 535-3 vorbei bringst, dann kommen wir hier damit ziemlich sicher unter 200.

    Lieben Dank! Ich schicke Dir eine PN.