Liebe Community,
der Amateur ist zurück! Hinsichtlich Messer wenig Ahnung von fast nix, aber immer erfolgreich auf der Suche nach einem alltagstauglichen Schnäppchen.
Wer sich seine Messer nicht selbst machen kann und wessen Geldbeutel etwas schmaler ist, der kennt das vielleicht: Ein schönes, wenigstens ansatzweise herzeigbares Messer soll es sein, das nicht nur preislich annehmbar, sondern auch qualitativ einigermaßen überzeugend ist. Nun sind Chinakracher u. dgl. in diesem Forum ja nicht so gern gesehen, in diesem Fall jedoch könnte die soeben angesprochene Personengruppe davon profitieren. Ich hoffe, das geht in Ordnung.
Es gibt viele „adäquate“ Taschenmesser, der Preis spiegelt sich häufig in Handling, Haptik und Optik. Ein paar positive Ausreißer gibt es aber ebenfalls. Um einen dieser Ausreißer geht es heute, nämlich um das
QSP VAULT um etwa 90 EUR.
Der verwendete Stahl ist 14C28N, HRC 59-61. Wer nun nicht gleich die Nase rümpft, stört sich womöglich auch nicht an den anderen günstigen Materialien; Die Bolster bestehen aus Aluminium, der Clip ebenfalls, das verwendete Micarta ist zumindest nicht unschön und immerhin mäßig griffig. Die Klinge misst 83mm und ist 3mm stark. So richtig scharf kam das Messer nicht an, doch ich brachte es auf eine annehmbare Schärfe, mit der man zwar keine Haare spalten kann, die Klinge gleitet aber zumindest ruckelfrei durch dünnes Papier. Für ein derartiges Messer mehr als ausreichend.
Überraschend und in diesem Fall amS völlig unnötig: Ein großzügiger Fingerchoil. Nun gut, mich stört er nicht, der scharfe Abschnitt der Klinge ist immer noch länger, als die gesamte Klinge manch anderer Taschenmesser. Darüber hinaus: Gelungenes Chimping auf der Oberseite. Wer also den Fingerchoil wirklich nutzt, erhält damit ein rundes Paket.
Als Verriegelung nennt QSP den „Glyde Lock“, also deren Äquivalent zum Axis Lock, XR-Lock, etc. Die Verriegelung ist überraschend stark und leicht erreichbar, sowie rutschfest. Nichts hakelt, alles gleitet und rastet satt ein. Ich finde daran nichts zu bemängeln.
An anderer Stelle hingegen schon… Seht auch das mal an:
Ich habe wirklich keine Bärenpranken, aber die Daumenpins sind derartig nahe am Rahmen, dass sich das Messer nur mühevoll mit Schwung öffnen lässt. Man muss schon mit dem Fingernagel zwischen Rahmen und Pin, was in Anbetracht der recht starken Verriegelung bald richtig schmerzhaft wird. Andererseits, will man denn ein eher elegant anmutendes Messer unbedingt flicken? Wer keinen Couchflipper sucht und dem Öffnungsvorgang ein oder zwei Sekunden zugesteht, wird damit leben können. Und für die Hardliner unter den Flickern gibt es ja noch den Glyde-Lock, damit wird das Messer beinahe zum Butterfly. Da ich Fingerabdrücke auf dem Stahl scheue, wie der Teufel das Weihwasser, es aber nicht ohne große Mühe flicken kann, muss ich mich also mit der letztgenannten Lösung begnügen, auch wenn es nicht gerade elegant ist. Denn selbst ein langsames Aufschieben erfordert, dank des sich derartig nahe am Rahmen befindlichen Pins, nahezu schon Feinmotorik, andernfalls mich der Fingertapser verhöhnend anstrahlt.
Der Clip hingegen ist – beinahe – ein Highlight: Schlanke Linie, nicht wirklich hochglänzend, aber eben auch nicht richtig matt. Nicht überlang, aber auch nicht kurz. Außerdem ist er minimal in das Hinterteil des Rahmens versetzt, weshalb des das Messer ein winziges Stück weit herausragt. Ich spüre den Clip leider in meiner Hand. Nicht schlimm, immerhin ist er insgesamt recht dezent gehalten. Dennoch, irgendwo zwickt es immer in der Hand. Wäre der Clip eine Spur kürzer, wäre mir das außerdem sehr recht.
Insgesamt kann man gerade noch „deep carry“ sprechen. Hier der worst case mit direktem Sonneneinfall:
Das Messer ist nicht gerade klein und wiegt 123g. In der Hosentasche sitzt es stramm und nicht störend. Andere Farben gibt es auch, sollte das – ich nenne es - Coyote-Tan nicht zusagen.
Also, wem bspw das Viper Turn gefällt und nicht willens ist, mehr als doppelte für ein Messer von der Stange zu bezahlen, findet womöglich hiermit einen annehmbaren Kompromiss. Es sieht edler aus als es ist, kostet nicht die Welt und ist qualitativ in Ordnung. Die Klinge ist groß genug, um wirklich damit arbeiten zu können, die Verriegelung wirkt robust, der Clip ist besser als so manch andere. Für mich ein Messer, dass ein festen Platz in meiner Rotation gefunden hat und das mich regelmäßig vergessen lässt, dass eigentlich un-snobbish ist.