Hallo zusammen,
ich möchte Euch heute einen in vielerlei Hinsicht spannenden folder vorstellen. Das Benchmade BM 230 Axial.
Spannend für mich persönlich, weil ich dieses Modell überhaupt nicht kannte. Ich erwähnte ja bereits früher einmal meine vollständige Abstinenz vom Messerthema für ein paar Jahre. Vermutlich wurde dieses Messer in dieser Zeit von Benchmade vorgestellt. Ich glaube zur Shot Show Januar 2011. Spannend auch deshalb, weil ich wirklich zufällig in der Bucht über diese Auktion gestolpert bin und dann wohl aufgrund des sehr sonnigen Sonntages vor 2 Wochen bei einem Angebotsende mitten am Tag, von wenigen anwesenden interessierten Bietern profitieren und das Messer günstig erstehen konnte. Vor allem aber spannend, weil es einen sehr besonderen Mechanismus beherbergt. Wir schauen uns das später noch genauer an. Das "Axial" in der Modellbezeichnung kann auf einen schnellen flüchtigen Blick und in Verbindung mit dem Hersteller Benchmade mit dem Wort "Axis" aus dem wohlbekannten Axis Lock verwechselt werden. Aber damit hat es nichts zu tun.
Entwickelt wurde der Axial Mechanismus vom Ingenieur und custom knife maker Paul W. Poehlmann. Doug Ritter hat über ihn, über seinen Einstieg in die Welt der production knives, zunächst über Gerber, dann über Lone Wolf und natürlich zum Axial Mechanismus auf seiner Homepage einen kleinen Artikel mit vielen Infos verfasst. Sehr lesenswert:
http://www.dougritter.com/Paul_Poehlmann.htm
Im Prinzip ist es eine Art Button Lock, der aber die Klinge nicht nur im geöffneten, sondern auch im geschlossenen Zustand arretiert. Darüber hinaus sitzt der Mechnismus direkt in der Klingenachse, bzw. er ist die Klingenachse. Das gibt natürlich hinsichtlich des Designs großartige Möglichkeiten, denn weder braucht man Klingenlöcher, Daumenpins oder andere Hilfsmittel um die Klinge zu öffnen, noch bedarf es der dazugehörigen Einbuchtungen im Messergriff, um Selbige mit dem Daumen zu erreichen.
Die Vorlage für das Benchmade 230 entstand dann nach Entwürfen von Paul W. Poehlmann für die Firma Lone Wolf. Das Modell hieß dort "Paul Defender". Lone Wolf, ehemals von ehemaligen Gerber Mitarbeitern gegründet, wurde dann von Benchmade übernommen. So wurde aus dem "Defender" das "BM 230 Axial". Inwiefern das Messer evtl. noch eine Zeit lang parallel in der Lone Wolf Linie von Benchmade und als Benchmade 230 vertrieben wurde ist mir nicht bekannt. Ebenso kann ich keinerlei Infos darüber geben, ob sich "Defender" und "BM 230" in Nuancen beim Finish oder kleinsten technischen Feinheiten unterscheiden, oder ob Benchmade schlichtweg nur "umetikettiert" hat. Mir ist nicht bekannt, ob Benchmade bei der Übernahme von Lone Wolf deren Fertigungsanlagen in die Benchmade Fertigung integriert oder nur den Namen übernommen und dann die Produktion der Lone Wolf Modelle selbst fortgesetzt hat. Ist Ersteres der Fall, dürfte es keine Unterschiede geben. Hat Benchmade aber selbst begonnen das BM 230 zu fertigen, könnte es feine Unterschiede geben.
In diesem Beitrag im Blade Forums sieht man Bilder vom Lone Wolf Defender. Man kann auf dem ersten und dem zweiten Bild erkennen, dass die dem Druckknopf gegenüberliegende Seite unterschiedlich gestaltet ist. Auf dem zweiten, also dem unteren Bild, schaut es auf wie auf den Katalogbildern von Benchmade. Auf dem ersten Bild sieht es so aus wie bei meinem BM 230. Also hat Benchmade entweder seine Katalogbilder an der einen Lone Wolf Variante orientiert und dann für die Produktion die andere Variante gewählt, oder aber diese Seite des Mechanismus wurde während der Produktion geändert.
http://www.bladeforums.com/for…der?highlight=lone%20wolf
Vom Lone Wolf "Paul Defender" findet man im Netz reihenweise Bilder von verschiedenen limitierten Auflagen, in teilweise sehr verschnörkelten Ausführungen. Finden konnte ich z.B. eine Variante mit blauen Korallengriffschalen und eine Variante überzogen mit filework und "Rattlesnake Skin" als Griffeinlage ..... Weitere Varianten mit Carbongriffschalen und Goldapplikationen. Skrimshaw Griffe habe ich auch gefunden. Entweder hat sich die Firma Lone Wolf an dem Messer mit allen Ideen für Sondereditionen abgearbeitet die ihnen in den Sinn kamen, oder aber die Bilder im Netz zeigen zum Teil individualisierte Versionen. Aber da es hier um das Benchmade geht, will ich es bzgl. des Lone Wolf hiermit nun auf sich beruhen lassen.
Benchmade hat das wie gewohnt etwas stringenter gehandhabt. Es gab 3 Varianten. Die Variante 230 hat schwarze G10 Schalen. Das 230-1 hat Cocobolo Holzschalen. Meins ist das BM 230-2, mit Ivory Micarta Griffschalen. Hier die Benchmade Katalogseite:
http://www.benchmade.com/products/230
Und hier das original product announcement von Benchmade, mit den technischen Daten und mit den damaligen Listenpreisen:
http://www.benchmade.com/images/pr/pdf/245_230_npa.pdf
Wie man dort nachlesen kann gab es mit dem BM 245 auch eine kürzere Version, die mir persönlich aber nicht so gut gefällt. Wobei. Das 245 ist sicher eher der "Gentleman Folder", als das 230. Denn das 230 hat eine stattliche Größe. Aber es ist für mich durch die gerade Klingenlinie auch das konsequentere Gesamtdesign.
Die 230er Reihe wurde nur sehr kurze Zeit produziert. Es wird gesagt, dass die routiniertesten "Messerzusammenbauer" bei Benchmade 3 bis 4 Mal so viel Zeit für ein BM 230 benötigten, als für die übrigen Benchmade folder. Wenn man sich dann den von Benchmade empfohlenen Verkaufspreis von 210 US Dollar anschaut, dann ist leicht nachzuvollziehen, dass dieses Thema betriebswirtschaftlich nicht aufgeht. Aus diesem Grunde sind die Benchmade 230 Axial Modelle nur in einer kleinen Stückzahl in den Markt gegangen und somit heute nicht nur wegen der besonderen Technik, sondern auch aufgrund der geringen Stückzahlen gesuchte Sammlerstücke.
Wie schon bei meinen letzten reviews eingeführt, habe ich auch hier wieder zusätzlich ein kleines Video gemacht. Ich denke bei diesem Messer ist es besonders interessant, weil ich dort diesen sehr speziellen Verschluss besser zeigen kann. Um es vorweg zu nehmen, eine Einhandbedienung ist doch sehr kompliziert. Vor allem wenn man sie "aus einem Guss" praktizieren möchte. Also inklusive des Ziehens des Messers aus der Hosentasche. Dann ohne Umgreifen ein einhändiges Öffnen zu praktizieren ist schon arg umständlich. Darüber hinaus läuft die Klinge im letzten Teil des Weges etwas schwergängiger, wie am Anfang des Öffnens. Gerade dort müsste sie aber sehr leichtgängig laufen, damit der nach unten fallende Griff bis zum Anschlag und damit bis zum Verriegeln durchschwingen kann.
Möglicherweise kann man den Klingengang noch etwas weicher einstellen. Aber ganz ehrlich. Aufgrund dieser besonderen Konstruktion und weil es für mich ein Sammlerstück und kein user ist, will ich da nicht rangehen.
Damit komme ich zum Fazit. Das BM 230 ist ein tolles Stück für jeden Benchmade Sammler, aber auch für Sammler die verschiedene Öffnungs-/Verriegelungsmechanismen in Ihrer Sammlung darstellen möchten. Das 230 ist ein gelungenes Gesamtdesign, in dem sich Klingenform und Griffgestaltung hervorragend zusammenfügen. Der besondere Verschluss ist ein technisches Schmankerl und erlaubt durch seine Bauart gleichzeitig eine konsequente Griffgestaltung und eine komplett im Griff versenkbare Klinge. Die Ausführung/das Finish ist auf gehobenem Serienmesserniveau und das Gebotene, sowohl seitens des Finish als auch wegen des technisch besonderen Mechanismus, ist für den damaligen Listenpreis von 210 US Dollar eigentlich ein Schnäppchen. Das Messer wurde von Benchmade nicht lange produziert. Vermutlich weil technisch beim Zusammenbau zu anspruchsvoll und damit betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll darstellbar. Also lohnt es auch aufgrund dieses Raritätenstatus nach einem Exemplar Ausschau zu halten.
Ich hoffe Euch hat die Vorstellung dieses Messers Spaß gemacht.
Viele Grüße,
Stefan