Zero Tolerance ZT 0560 CBCF

  • Hallo zusammen,

    Zero Tolerance (ZT) ist im Vergleich zu z.B. Benchmade oder Spyderco noch eine junge Marke im Messermarkt und gehört genauso wie die Marke Kershaw zur Japanischen KAI-Gruppe. Laut Firmenhistorie auf der KAI Hompage geht die Gründung auf das Jahr 1908 zurück und zwar in der in Messerkreisen sehr geschätzten japanischen Stadt Seki, deren Messerindustrie schon immer auch Messer für namhafte Hersteller aus anderen Ländern fertigt. U.a. auch für Spyderco, Al Mar oder auch Böker, wenn ich nicht irre. Kompetenz in Sachen Herstellung hochwertiger Messer war also immer vorhanden.

    Die Firma Kershaw wurde 1974 von Pete Kershaw, einem ehemaligen Mitarbeiter von Gerber, in Oregon gegründet. Die Kershaw Messer wurden in Japan gefertigt. 1977 übernahm dann die KAI Group Kershaw und etablierte sich mit dieser Übernahme im wichtigen US Markt. So wurden dann auch gleich KAI USA in Oregon gegründet. 1980 kam übrigens eine Europa Dependance hinzu, in Solingen.

    Die noch relativ junge Marke Kershaw wurde dann, angetrieben vom Messerdesigner/Messermacher Ken Onion, als Marke mit interessanten Designs und modernen Technologien, aber zu moderaten bis günstigen Preisen, im Markt etabliert. U.a. erarbeitete man sich eine große Kompetenz im Bereich der integral/frame locks und der assisted opener Mechanik. Ohne die Möglichkeiten der Muttergesellschaft in Japan wären diese Erfolge vermutlich so nicht möglich gewesen.

    2006 wurde dann die Marke Zero Tolerance gegründet. Nach eigenen Angaben sah man im US Markt großes Potenzial für ich zitiere

    "Made-in-the-USA line of hard-use knives that would meet the needs of professionals, such as the military, law enforcement, and other first responders, such as firefighters and emergency medical personnel."

    Das war eine klare Positionierung und nicht schlecht gedacht. Denn die wichtigen Konkurrenten wie Benchmade und Spydero hatten zwar auch immer Modelle im Programm die zu dieser Zielgruppe passten, insbesondere Benchmade mit einer eigens für Einsatzkräfte, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste geschaffenen Kategorie im Sortiment - der "Black Class". Aber dass neben diesen Berufsgruppen auch im breiten Messermarkt das Interesse an "taktischen Designs" und robusten Messern rasant zunahm, hat KAI richtig erkannt und mit ZT rechtzeitig eine entsprechende Marke aufgebaut. So. Jetzt komme ich mal langsam zu den Messern.

    Das 030x war nicht das erste Model von ZT, aber sicher das Modell mit dem im größeren Umfang der Durchbruch bei den Messerfreunden gelang. Bulliges Design, von einem namhaften Messermacher (Ken Onion). Technisch anspruchsvoll umgesetzt. Titan, integral lock, assisted opener. Das müsste so 2009 gewesen sein. Wer es genauer/besser weiß möge mich gern korrigieren. Aber dieser Erfolgswelle schwamm auch der sagen wir mal "kleinere Bruder" des 030x mit, das 0350. Das 0560 müsste so Ende 2011/Anfang 2012 auf den Markt gekommen sein. Hier war man nun eine Kooperation mit dem populären Messermacher Rick Hinderer eingegangen und übernahm sein Design des XM-18, respektive XM-24 für das ZT 0560. Auch hier hatte ZT wieder den richtigen Riecher, denn sowohl die Flipper als auch Rick Hinderer befanden sich gerade in einem deutlichen Popularitätsanstieg. Die Zutaten beim 0560 waren quasi identisch mit denen des 0300. Titan integral lock konstruktion auf der einen Griffseite. Stahlliner mit G10 Griffschale auf der gegenüberliegenden Seite. Schwere Klinge mit Recourve aus Elmax PM Stahl. Hier dann im Gegensatz zur 030x Serie kein assisted Mechanismus, sondern eben manueller Flipper.

    Ich hatte mir damals beide Messer gekauft. Erst das 030x und später das 0560. Das 030x durfte irgendwann wieder gehen. Das Messer war mir einfach zu wuchtig und in Kombination mit dem assisted opener Mechanismus zu martialisch. Aber das 0560 durfte bleiben, hat alle Sammlungsumstrukturierungen schadlos überstanden und wird auch genutzt. Die Kombination Elmax-Stahl und Recourve hat mittlerweile auch ihren Schrecken verloren und lässt sich mit dem Spyderco Sharpmaker problemlos schärfen, wenn man bei den Schleifstäben nur die Kanten und nicht die Flächen nutzt. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Das 0560 ist auch ein ordentlicher "Klopper". Gentleman Folder ist nicht die Kategorie in die es hineingehört. Macht aber nix. Der Trend geht ja zum Zweitmesser :)

    ZT hatte sich also im höherpreisigen Segment der eher "taktisch angehauchten" Messer erfolgreich platziert und wurde immer selbstbewusster. Dies wollte man unbedingt auch zeigen und so griff man das Thema "composite blade" auf. D.h. man wollte eine Klinge aus 2 unterschiedlichen Monostählen herstellen und zwar nicht in einer Art Damastverfahren, sondern in dem man die Klinge aus 2 Teilen herstellt, diese beiden Teile miteinander verbindet und dann die Klinge nur noch finishen muss. Dabei werden die beiden Klingenteile unter Zuhilfenahme eines Kupferfadens, der die Verbindung zwischen den beiden Stahlsegmenten herstellt, miteinander verschweißt.

    Dieses Verfahren und eine solche Klinge hat man dann zum ersten Mal am 0560 ausprobiert und mit dem 0560 CBCF (Composite Blade Carbon Fiber) eine limitierte Auflage herausgebracht. Das war im Frühjahr 2012. Damals ging diese besondere Auflage des 0560 irgendwie an mir vorbei. Das konnte ich aber dieser Tage korrigieren und ein neues Exemplar akquirieren. Ich möchte es hier vorstellen und ich tue das auf den ersten Bildern auch mal im Vergleich zum Standard 0560. Wobei "Standard" nicht ganz zutrifft. Die originale G10 Schale gefiel mir damals nicht ganz so gut und ich habe von Cuscadi eine Lightning Strike Carbon Schale mit eingewebten Silberfäden montieren lassen. Damit wurde das Standard 0560 optisch deutlich aufgewertet. Das limitierte 0560 CBCF trägt ebenfalls eine Carbon-Griffschale. Allerdings nicht aus Lightning Strike Carbon.

    Auch die Titan-Griffseite mit dem lockbar ist beim 0560 CBCF anders gearbeitet, als beim Standard 0560. Sie ist wesentlich feiner strukturiert. Unter dem Gesichtspunkt der Griffigkeit bei intensiver Nutzung, vielleicht mit verschwitzten, nassen Händen, mag die gröbere Struktur beim Standard 0560 Vorteile haben. die Struktur beim 0560 CBCF kommt optisch feiner, eleganter daher. Beide Varianten wissen zu gefallen.

    Die Lightning Strike Griffschale von Cuscadi ist deutlich dicker, als die CF-Schale des 0560 CBCF:

    Viele Grüße,
    Stefan

  • Hallo Stefan,

    sehr schöner Vergleichstest zweier "Brüder". Spannend, unterhaltsam und interessant sind die vielen Hintergrundinformationen über KAI, Kershaw und Hinderer.

    Tolles Review, gut erzählt und deine Fotos sind wie immer allererste Sahne. :thumbsup:

    Salü
    Thomas

  • Servus Thomas,

    das Lightning-Strike-Carbon passt zum 0560 wie die Faust auf's Auge. Es kommt auf der großen Fläche gut zur Geltung und harmoniert ideal mit der Linie und auch mit dem Finish auf der Rückseite. Daher würde ich diesen Griff mit der Composite-Klinge (welch geniales Zacken-Design) kombinieren und hätte das ideale 0560er. Stefan kann das ja mal kurz machen lassen... :P

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • Odins gesammelten Reviews als Buch?
    Ich würde es kaufen.
    Stefan, vielen Dank für die tollen Bilder und die einleitenden Informationen.
    Walter

    ...bleiben sie ruhig, ich hole Hilfe...

  • Klasse Vergleich in Review-Form zweier eng Verwandter ZT's inklusive Klasse Bildern :thumb:

    Sehr gut finde ich auch den eingebrachten geschichtlichen Hintergrund zum Hersteller Zero Tolerance + KAI... sozusagen "kurz und bündig" mit gebündelten + korrekten Infos.

    Etwas "irreführend" ist dabei leider aber der Detail-Punkt "Composite-Blade" geraten : Keine falschen Infos, aber doch so, dass jemand, der diese Klingenbauart nicht kennt eventuel vermuten könnte, Composite-Klinge wäre eine Innovation von ZT.

    Da bei mir seit Beginn meiner Messerleidenschaft gerade Kershaw sehr hoch im Kurs stand : Composite-Klingen gehörten da "automatisch" dazu und wurden zur zusätzlichen Leidenschaft :D

    Erstes Serien-Messer überhaupt mit Composite-Klinge war das Ken Onion Tyrade (soweit ich mich erinnere so um 2004 erschienen) :
    http://www.noze-nuz.com/kershaw/KS1850.php
    Tyrade gibt es auch als Ken Onion Custom Variante ... da allerdings keine Version mit Composite Klinge.
    Allgemein gibt es laut meiner Kenntnis kein einziges Ken Onion Custom mit Composite-Klinge, wogegen aber einige Kerschaw-Onion-Design Modelle mit Comopsite-Klinge als Serie erschienen (Leek, VOLT und weitere)

    Kurz nach dem Tyrade erschien als 2tes Composite Serien-Model bei Kershaw aber ein Model, was nicht von Ken Onion stammte : Junkyard Dog :
    http://www.noze-nuz.com/kershaw/KS1725CB.php
    Allerdings wurde hierzu bei Kershaw zum Erscheinungs-Zeitpunkt der Designer verschwiegen ... es fehlte einfach hierzu diese Angabe ...
    (Neben der im Link gezeigten Variante gab's auch eine Titan-Griff Version)

    Etwas Nachforschung ergab aber schnell : Designer = Tim Galyean
    Tim Galyean war zu dem Zeitpunkt (2006) noch ein sehr junger und nahezu unbekannter Macher ... aber durch Insider-Infos konnte ich erfahren, dass Tim Galyean ein Schüler von Ken Onion war ... und bei ihm dann die Erkenntnis, dass bei seinen Custom-Modellen Composite-Klingen zu dem Zeitpunkt schon fast die Regel waren :
    http://www.galyeancustom.com/gallery.html

    Über einen mir bekannten Bekannten von Ken Onion wollte ich die Sache natürlich hinterfragen ... aber wirkliche Antworten gab's dazu nie :huh:
    Aus den Fakten :
    --- Ken Onion hat keine Customs mit Composite Klinge, aber Kerschaw Serien mit Composite
    --- Tim Galyean war ein Schüler von Ken Onion zum Zeitpunkt wo das Tyrade (Onion-Design) als 1tes Sereinmesser mit Composite-Klinge erschien
    --- Tim Galyean lancierte ein eigenes Design mit Composite-Klinge bei Kerschaw ohne als Designer in Erscheinung treten zu wollen
    --- Tim Galyean hatte zu dem Zeitpunkt schon längst eigene Custom mit Composite-Klinge am Start (Junkyard und weitere Modelle)

    ... kann es eigentlich nur so sein, dass Tim Galyean der Gründungsvater dieser Klingenbauweise sein dürfte.
    Tim Galyean wollte nie wirklich bei KAI einsteigen ... die Verbindung als Onion-Schüler + Onion <-> Kershaw-Verbindung hat wohl aber dazu geführt, dass KAI irgendwie auch Rechte an der Bauweise erhalten hat.
    Galyean dürfte das Konzept "Composite-Blade" wohl patentiert haben :
    Mir ist auuser ihm in Custom-Form und KAI (zuerst Kershaw, dann auch Zero Tolerance) weder ein weiterer Serienhersteller noch Cutom-Macher bekannt, der Composite-Blade im Proramm hat (?).

    Nachdem ja Ken Onion mittlerweile zu CRKT übergesiedelt ist :
    Keine Composite-Blade bei CRKT in Erscheinung getreten ... dafür aber bei ZT-Hinderer-Model : Demnach dürften die Rechte dazu bei KAI liegen, und nicht bei Ken Onion.

    Serge

    In der Ruhe liegt die Kraft ...
    Freundliche Grüsse aus Luxemburg,
    Serge

    2 Mal editiert, zuletzt von Xyored1965 (25. März 2015 um 23:09)