• Servus,

    wie Ihr wisst habe ich jetzt eine Gasesse. Jetzt möchte ich, wenn Zeit dazu ist, das Schmieden erlernen. Parallel möchte ich das hier ein Bisschen dokumentieren, vielleicht fällt Euch was auf, das ich besser machen kann. So könnte hier ein kleiner Fundus entstehen, der Anfängern, wie mir, den Einstieg erleichtert.

    Mein Amboss ist momentan eine Platte C45, Oberseite gehärtet mit den Maßen 12x24x7cm. Diese liegt auf einem Unterbau aus Dachbalken. Es funktioniert gut, ich habe aber keine Vergleichsmöglichkeit. Ich lasse mir die Option auf ein 50kg-aufärts Amboss und studiere die Kleinanzeigen. Da ich momentan aber meinen Schmiedeaufbau nach dem Arbeiten wieder wegräume, ist das gar nicht so schlecht. Als Hammer habe ich einen 1,5kg und einen 2kg Fäustling. Der 1,5kg liegt mir besser, da ich momentan damit präziser arbeiten kann. Und außerdem fehlt mir noch etwas das Schmalz im rechten Arm.


    Hier ist ein Bild meines ersten Versuches. Ich muss leider noch mal anheizen. Mir ist die Eisenstange an der Schweißnaht abgefallen bevor ich fertig wurde. Ich habe in meinem Übermut ein Stück Lkw-Feder genommen. Es hatte ursprünglich ca. 1,5x3x10cm. Ich habe ungefähr zwei Stunden dafür gebraucht. Die obere Klinge ist zum Vergleich. Sie ist 18cm lang. Ich wollte eigentlich klein anfangen, hab mich aber etwas verschätzt.

    Die Aktion hat auch seine Spuren hinterlassen:

    Ich hoffe, das gibt sich mit der Zeit.


    Viele Grüße

    Christian

  • Hi Christian
    Aus der Ferne Tips zu geben ist immer etwas schwer. Generell gilt, dass Dein Amboss + Unterbau schwer sein muss. Die Masse machts da. Wenn die Energie des Hammerschlags nicht in die Umformung sondern in die Bewegung des "Ambosses" geht, fehlt sie einfach. Der Hammer soll zurückspringen können, dann brauchst Du weniger Kraft um ihn wieder an zu heben. Das geht nur mit Gegenmasse.

    Ich habe jetzt auch Deine Fäustel nicht gesehen. Schleife sie Dir satt ballig. Deine Schlagenergie soll in die Umformung gehen, d.h. das Material der Klinge soll seitlich in die Breite weggehen. Dadurch wirst Du dünner. Das geht mit kleinerer Kontaktfläche bei gleicher Masse des Hammers besser. Wenn Du dann erstmal grob umgeformt hast, kannst Du immer noch mit einem " Schlichthammer" = weniger bis nicht ballig, die Oberfläche begradigen.

    Herzlich willkommen bei den Infizierten.

    Es gibt nichts beruhigenderes als auf einem glühenden Stück Stahl rum zu kloppen.

    Viele Grüße Thomas

  • Danke Thomas,

    die Hämmer sind noch jungfräulich. Ich werde die nächsten paar Tage die Bahnen umarbeiten. Ich werde dann ein paar Bilder einstellen. Auch vom "Amboss". Und evtl. ein Video. Dann kann man sich mehr darunter vorstellen.

    Auch, wenn es doch recht anstrengend ist, macht es einen Riesenspass. Es ist unglaublich, wie sich der Stahl verformen lässt, wenn er heiß ist. Das hätte ich nicht gedacht.


    Viele Grüße

    Christian

  • So der 1,5kg Hammer ist auf einer Seite überarbeitet. Heute Nachmittag habe ich die Esse nochmal angeworfen und die Klinge fertig geschmiedet. Dabei traten drei Risse ans Tageslicht. Ich habe die Klinge beim Erstversuch kurz abgelegt, als ich fertig war. Dann hat mich die Neugierde gepackt und ich musste mein Werk befingern. Dazu habe ich es in Wasser abgeschreckt. Vielleicht war der Stahl noch so heiß, dass er gehärtet wurde und die Risse sind durch das schroffe Wasser entstanden. Heute habe ich angeheizt und konnte es nicht erwarten bis die Esse durchgewärmt war. Deshalb habe ich nur einen Teil der Klinge orange bekommen. Vielleicht habe ich den "kalten" Teil zu stark bearbeitet. Es war auf alle fälle noch so viel Fleisch übrig, dass ich Die Risse wegschleifen konnte.

    Nach dem Schmieden habe ich die Klinge ein paar mal auf Rotglut gebracht und noch etwas begradigt. Im Anschluss wurde in Öl gehärtet. Glas konnte ich nicht ritzen. Daraufhin habe ich die Klinge in den Schraubstock gespannt und die Spitze abgebrochen. Sie war also doch hart. Das Bruchbild schaut auch schön samtig aus. Ich denke dass die unbekannte LKW-Feder nicht genug Kohlenstoff hat, um Glas zu ritzen. Nebenbei habe ich eine Kneifzange umgeschmiedet.

    Viele Grüße
    Christian

  • Servus Christian
    Mit Versuch und Irrtum lernt man es zwar auch mit der Zeit...dauert aber oft lange.
    Nicht umsonst ist Schmied ein Beruf mit 3 1/2 Jahren Lehrzeit. :D
    Deshalb meine Empfehlung:
    - Das Buch " Die Kunst des Schmiedens" von Havard Bergland
    und " Der Schmied am Amboß" von Hundeshagen

    - Dann zumindest einen 35 Kilo Amboß (Hufschmiedeamboß z.B.) oder einen alten gebrauchten mit sauberer Bahn und reinem Klang.
    Je schwerer der Amboß ist, desto besser zieht er. Auf einem 125 Kilo Amboß kann man auch mit dem Vorschlaghammer arbeiten,
    ohne dass er anfängt zu hüpfen.

    - Passenden Untersatz, damit er zieht.

    - Geeignete Zangen (Klingenzangen von Tom Tongs erleichtern das Messer schmieden ungemein.)

    - Ein guter Schmiedehammer kostet auch nicht die Welt.
    Leicht ballige Bahn mit gerundten Kanten und eine dicke, runde Finne sind wichtig.
    Ebenso wichtig ist der für Dich passende Stiel. Oval und von vorne nach hinten im Umfang zunehmend.
    Dann fliegt er bei lockerem Griff (wichtig für ermüdungsfreies Arbeiten) nicht aus der Hand.
    Die sogenannten ergonomischen Griffe moderner Schlosserhämmer taugen m.M. nach nix.

    Den Unterschied zum "Baumarktgrabbelkistenhammer" merkt man irgendwann. :D

    - Passenden Stahl für Messer samt Anleitung zur Wärmebahandlung gibt es bei Achim Wirtz (Achim W.) ... ist hier angemeldet).

    - Schmiedekurs bei einem guten Messerschmied belegen. JOE (auch hier im Forum) (Schmiede Schwabach) bietet z.B. günstige Kurse an.

    Gruß Sepp

  • Servus Sepp,

    vielen Dank für Deine Ratschläge. Du hast recht. Mit dem richtigen Werkzeug und besserer Lektüre wäre sicher mehr drin gewesen.

    Ich habe mich am Buch "Messer schmeiden für Anfänger" orientiert, das ich mir mal gekauft habe. Ich kann das Buch aber nicht weiterempfehlen, da der Sachverhalt nur sehr oberflächlich abgehandelt wird. Vielleicht besorge ich mir eins Deiner vorgeschlagenen Werke.

    Mit dem Werkzeug ist das so eine Sache. Gutes Werkzeug kostet gutes Geld. Aber wer billig kauft, kauft zweimal. In diesem Fall ist es einfach so, dass ich erstmal das Werkzeug verwenden möchte, das vorhanden ist. Auch um erstmal ein Gefühl für die Sache zu bekommen. Die C45 Platte ist für den Anfang ganz in Ordnung. Ich fahre trotzdem heute los und kaufe mir einen gebrauchten 120kg Amboss (250,-) Die Platte kommt auf die Werkbank zum Ankörnern.

    Material möchte ich für die nächsten versuche Ck75 verwenden. Da ich gegebenenfalls das Gefüge wieder fein bekomme, falls ich überhitzt habe.

    Gruß Christian

  • Servus Christian!

    Schön Dich hier wieder zu sehen (lesen). Sehr interessant was sich bei Dir alles getan hat in der letzten Zeit und sehr interessantes Thema das Du da anpackst. Irgendwann bin ich mal so aufdringlich und nehm die gut 100km zu Dir unter die Räder :-).

    Schöne Grüße,
    Günther

  • Servus Günther,

    Du bist jederzeit herzlich willkommen. 100 km ist ja nicht die Welt.

    Mit dem Schmieden hab ich mir einen Kindheitstraum erfüllt. Momentan würde ich mich am liebsten rund um die Uhr in den Garten stellen und Stahl "flachklopfen". Wenn da nicht noch Familie und Elektrotechnik wären.

    Viele Grüße
    Christian

  • Ich kann es versuchen:
    (bitte berichtigen, wenn ich daneben liege)


    Beim Erhitzen löst sich der Kohlenstoff im Eisen. An sogenannten Keimzellen bilden sich Mischkristalle aus Eisen und Kohlenstoff. Das ist völlig normal. Diese werden jedoch immer größer, je höher die Temperatur ist und je länger diese gehalten wird. Zwischen diesen Mischkristallen, auch Körner genannt, befinden sich Korngrenzen.

    Sollten durch zu hohe Temperaturen (wirken sich stark aus) oder zu lange Haltezeiten (nicht so stark, bei niedrigen Temperaturen) die Körner sehr groß werden, können diese nachträglich durch Normalisieren bei moderaten Temperaturen wieder verkleinert werden. Dabei entstehen neue, kleine Körner (Keimzellen) an den alten Korngrenzen.

    Bis zu einem Kohlenstoffgehalt von ca. 0,8% ist die Welt noch in Ordnung. Über 0,8% ist so viel Kohlenstoff im Stahl, dass er beim erhitzen nicht mehr vollständig im Eisen aufgelöst werden kann. Im bleibt keine andere Wahl, als sich mit dem Eisen zu verbinden (Unterschied Lösung/Bindung). Dabei entstehen sogenannte Eisenkarbide (ich glaube zu wissen auch an den Korngrenzen). Diese sind nur mit viel Energie wieder zu lösen. Solch ein grobes Gefüge ist also nur mit viel Hitze oder Umformung wieder zu richten. Die hohe Hitze lässt wiederum an anderen Stellen große Körner entstehen. Das gestaltet dann alles viel schwieriger als bei Kohlenstoffstählen unter 0,8%.

    Du kannst also jeden Kohlenstoffstahl unter 0,8% verwenden. Weniger Kohlenstoff bedeutet aber weniger Härte. Besitzt der Stahl noch weitere Legierungselemente schaut die Sache nochmal anders aus.

    Ich hoffe, dass ich nicht komplett falsch liege.

    Gruß Christian

  • Du kannst also jeden Kohlenstoffstahl unter 0,8% verwenden. Weniger Kohlenstoff bedeutet aber weniger Härte. Besitzt der Stahl noch weitere Legierungselemente schaut die Sache nochmal anders aus.

    Hallo Christan,
    danke für Deine schnelle Antwort. Ergo unter 0,8% Kohlenstoff geht das, darüber nicht mehr, oder nicht mehr so gut!?
    Seht interessant und ich habe wieder etwas gelernt!
    Besten Dank und Grüße

    Die Hand voller Asse
    .......aber das Leben spielt Schach.


  • Ergo unter 0,8% Kohlenstoff geht das, darüber nicht mehr, oder nicht mehr so gut!?

    Ja, so sehe ich das auch. Bei >0,8% kann man das Gefüge durch ausreichende Umformung fein halten. Für Anfänger wie mich ist das schwierig. Darum werde ich für die nächsten Versuche CK75 verwenden. Hier sollten die Fehlstellen beim Normalisieren verschwinden. Außerdem ist das ein super Messerstahl.

    Wenn ich mit den Ergebnissen zufrieden bin, werde ich mich an C100 wagen. Dann möchte ich mit Feuerschweißen beginnen. Aber das ist noch ein langer Weg dorthin.

    Gruß Christian

  • So. Heute konnte ich mit Hilfe eines Gabelstaplers den Amboss aus dem Kofferraum heben. Danach gings per Sackkarre in den Garten. Auf dem Heimweg habe ich noch schnell einen Hackstock mitgenommen, den mir ein guter Spezl geschenkt hat. Aber wie soll ich das 120kg-Gerät da drauf bekommen? Kein Problem. Heute erst Physik-Arbeit gehabt. Ich habe einfach auf einer Seite angehoben und einen Ziegelstein untergelegt, dann auf der anderen Seite ausgeglichen. Nach vier Reihen war der Amboss so hoch, dass ich ihn aus den Beinen auf den Hackstock hieven konnte.

    Jetzt macht das Schmieden richtig Spaß. Für Kleinigkeiten würde es die C45-Platte auch tun, aber das ist eine ganz andere Welt. Ich hab aus der Restekiste ein vermeintliches Stück Ck75 gekramt und versucht, es in eine messerähnliche Form zu bringen. Dabei habe ich mich schon gewundert, warum so gut, wie kein Zunder entsteht. Jetzt weiß ich es: Ich hab ein Stück SB1 erwischt. Momentan liegt das Ding in der Esse, da ich Weichglühen wollte. Mal sehen was ich damit noch anstelle. Ich bestelle mir jetzt auf alle Fälle ein paar Stangen CK75. Die heutigen zwei Stunden hake ich unter Lebenserfahrung ab.

    Hier noch ein Bild vom neuen Amboss und der Esse:

    Gruß Christian

    Ich habe gerade die Klinge aus der Esse geholt. Hier noch ein Bild davon:

  • Hi Christian,

    da sind wir ja momentan komplett auf demselben Dampfer :thumbsup: ...mein Amboss sieht fast genauso aus nur meine Gasesse hat schon ein paar mehr Rostflecken :thumbup::thumbup: ...Ganz schön anstrengend die Geschichte, aber macht riesen Spass. Meine erste ausgeschmiedete Klinge ist auch fertig....Aber deine sieht schon viel besser aus...Viel Spaß weiterhin.

    Gruß Ralf

  • Wenn ich das hier so sehe und lese werde ich auch ganz heiß aufs Schmieden.
    Sobald ich am Bandschleifer besser bin werd ich mich auch mal versuchen.
    Ich hab zwei Bekannte die einen Amboss rumliegen haben, die bearbeite ich schon seit zwei Jahren.
    Bin mal gespannt wann ich einen davon soweit habe... :D

  • Hallo Christian,

    ich bin begeistert. Gerade aus dem Grund, dass ich gerade meine eigene kleine Schmiede mit Ausstattung zusammenstellen und demnächst mit dem Schmieden beginnen will, nehme ich Deinen Thread mit Begeisterung auf. Wie Du beschreibst, und man ja allgemein weiß, beginnt jede Reise mit dem ersten Schritt.

    Ich erwarte Deine nächsten Schritte. Bitte mehr davon :thumbsup:

  • Schön, daß wieder mal Nachwuchs fürs Schmieden kommt. :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    Freue mich schon auf eure Schmiedeaktionen.

    Gruß
    Bernhard

    Man muß Gott danken, selbst für einen Unterfranken.
    Nunc est bibendum (Lasst uns trinken!) :beer: (Kellerbier)

  • Servus,

    schön, dass ich hier so viel Rückmeldung bekomme. Das motiviert mich natürlich. Da ich momentan auf Griffholz warte habe ich ein Bisschen Zeit abgezwackt und wieder etwas geschmiedet. Heute kam auch das CK75 an. Es hat einen Querschnitt von 4x40mm. Für kleinere Messer vielleicht etwas zu breit, aber für Kochmesser denke ich, sollte das ganz gut passen.

    Noch zwei Bilder:

    So sah das ganze nach zwei Stunden Schmieden aus. Ich bin soweit ganz zufrieden damit, bis auf ein paar Kleinigkeiten.

    Und noch kurz am Bandschleifer in Form gebracht. Gut, dass ich noch genug Material zur Verfügung hatte. Die Schneide war teilweise nicht mittig und ich musste beim Schleifen korrigieren.

    Generell fällt mir auf, dass man sich beim Schmieden sehr viel auf seine Augen und sein Gefühl verlassen muss. Da hilft wohl nur üben.

    Viele Grüße
    Christian