In den heutigen Zeiten von SuperDuperStählen, exotischen Griffmaterialien, Titanframelocks und kugelgelagerten Klingen vergessen viele gerne mal, dass auch unsere Altvorderen schon wussten, wie man gute Messer baut.
Und so möchte ich heute mein persönliches Spyderco-Schatzkästlein mal wieder öffnen und euch zwei Modelle aus dem Jahr 1994 vorstellen.
Beide waren, was die gewählten Materialien und die Verarbeitung anbelangt, ihrer Zeit soweit voraus, dass sie auch heute noch im Sortiment eines jeden Herstellers bestehen könnten.
Ich kenne keinen Spyderco-Sammler, für den die beiden vorgestellten Modelle nicht zu den Top 5 der "Holy Grails of Spyderco" zählen würden.
Entgegen den üblichen Gepflogenheiten von Spyderco kamen sie auch damals schon nicht in einer Box, sondern in der noch heute vertriebenen Spyderco-Pouch; hier ein Bild des Lieferumfangs mit dem 1994-er Katalog:
Beginnen wir mit dem
C22 Klötzli Walker
In den Jahren 1994 bis 1999 im Programm hatte das C22 schon damals eine recht ambitionierte Preisgestaltung; der Startpreis von 299,95$ in 1994 steigerte sich auf 455,95$ im Jahre 1999.
Das lag auch an dem verbauten Griffmaterial und dem Herstellungstandort, die Schweiz war halt schon damals ein Hochlohnland.
Kohlefaser war damals bei Messerherstellern so ungebräuchlich, dass H.P. Klötzli seine persönlichen Kontakte zum damaligen Sauber Formel-1 Team spielen lassen musste, um ein wenig Material für die Griffe abzuzwacken.
Die technischen Daten des C22:
Klingenlänge: 6,5 cm
Stahl: ATS-34
Klingenstärke: 2,5 mm
Grifflänge: 9,1 cm
Länge offen: 15,6 cm
Gewicht: 51 g
Gebaut wurden in den Jahren knapp über 1100 Exemplare, lustigerweise wurden aber schon Seriennummern oberhalb der 1500 gesichtet; alle Klötzli Walkers waren übrigens nummeriert.
Vom C22 gibt es diverse Varianten:
Prinzipiell waren nur die ersten Messer mit einem Carbonfiber im glossy-finish; dabei gab es so viel Ausschuß, dass ab Mitte des Produktionszeitraums auf CF in matt umgestellt wurde.
Und dann gibt es das Messer mit "Klötzli"-Schriftzug und auch mit "Spyderco"-Schriftzug, mal ist die Schrift auf dem Clip normal und mal verkehrherum aufgeprägt.
Also, der Varianten waren es so viele, dass es im Sypderco Forum dafür sein eigenes "Klötzli Genome-Projekt" gibt.
Alle Schrauben und die einseitige Platine waren aus blau anodisiertem Titan und wurden nur für dieses Messer gefertigt.
Um die Klingenachse einzustellen bedarf es allerdings eines Vierkants, also völlig ungewöhnlich.
Und nun zu meinem absoluten Liebling, dem
C27 Jess Horn
Im Programm von 1994 bis 1998 war es ein damaliges Vorzeigeprojekt von Spyderco, das in einem Serienmesser die Qualität der Customs von Jess Horn widerspiegeln sollte.
Dabei sind die Herstellungspreise aber dermassen aus dem Ruder gelaufen, dass Spyderco schon in 1994 für das Messer 349,95$ aufrufen musste, um die Kosten zu decken.
Damit war es inflationsbereinigt bis ins Jahr 2014 das teuerste Spydero, dann wurde es erstmals vom Chaparral 3 mit 564,95$ übertroffen; berücksichtigt man die Inflation hätte das C27 zu diesem Zeitpunkt knapp 550$ gekostet.
Die technischen Daten des C27:
Klingenlänge: 6,6 cm
Stahl: ATS-34
Klingenstärke: 2,2 mm
Grifflänge: 7,7 cm
Länge offen: 15,3 cm
Gewicht: 63 g
Gemacht wurde das C27 von Moki noch unter der Ägide des Firmengründers, der nun leider mittlerweise verstorben ist.
Hergestellt wurde ein kompletter Run mit knapp 1200 Exemplaren; alle konnten allerdings nicht alle unter dem Spyderco-Logo verkauft werden, dies waren in Summe 500 in plain-Edge und knapp 470 in serrated-Edge.
Der Rest wurde von Moki selbst unter der Modellnummer MK-001 vertrieben, Bilder gibt es hier:
Link
Genau wie vom C22 gibt es auch vom C27 verschiedene Varianten; mit und ohne Horn-Schriftzug, mit und ohne Serienummer, dazu wurden für den Collectors Club die Nummern noch auf des linke Bolster graviert.
Hier die gängigste Variante; aah, ich vergasss zu erwähnen, dass das C27 das einzige Klappmesser von Sypderco ohne Loch ist...
Am C27 Jess Horn sieht man ganz viel Liebe zum Detail, selbst die Feder des Lockbacks ist von innen poliert und der Clip wurde nur für dieses Modell aus dem ganzen Stück gefräst.
Wie eigentlich alle Lockbacks, die von Moki für Spyderco gemacht wurden, gibt es hier auch keine Gleitscheiben, Washer oder ähnliches.
Stattdessen werden in Handarbeit die Klingenwurzel und die Platinen so poliert, dass die Klinge auch so butterweich läuft.
Etwas, auf das Sal Glesser selbst sehr stolz ist, da es nicht mehr viele Hersteller gibt, die sich auf so etwas verstehen.
Und wieviele Käufer eines Caly 3 oder Caly 3.5 mussten schon erstaunt feststellen, dass es dort keine Washer o.ä. gibt...
Probeweise hat Moki auch mal für Spyderco mit dem ersten Produktionslauf des C42 Viele mit dem AUS-8 einen Linerlock ohne Gleitscheiben gemacht.
Dies kam aber nocht so gut raus, so dass für den zweiten Run des C42 mit dem VG-10 auf konventionelle Washer umgestellt wurde.
Zum Abschluß noch ein Blick auf die Details, selbst die Röhre für ein Lanyard wurde elegant angefast.
- Marcus -