Jagdmesser von Micha Schick - alter Stahl in Neuer Klinge

  • Letztens kam ich am Telefon mit Micha ins Fachsimpeln über Griffmaterial und Stahl. Da kam er darauf, dass er einen neuen Stahl ausprobiert habe. TWR oder auch 135WCrV4. Das ist ein alter Stahl, der nicht mehr hergestellt wird, von seinen Legierungsbestandteilen aber gute Klingen verspricht. Die Experten hier im Forum können sicher noch mehr dazu sagen.
    Von der Wärmebehandlung eher anspruchsvoll und auch nicht leicht zu schmieden, wie Micha anmerkte - da ist es natürlich sinnvoll mal zu testen, ob der Stahl auch einen Mehrwert zu den sonst verfügbaren und auch nicht gerade schlechten Stählen wie 1.2519 oder 1.2442 bietet.

    Das Messer kam dannvor drei Wochen bei mir an. Rahmendaten: 9,5 cm Klinge, an der Wurzel 3mm stark, Flachschliff. Der Griff ist 12,5cm lang, aus thailändischem Eisenholz, Ernte von Daniel Boll, mit Silberstiften vernietet.

    Eine einfache Lederscheide hatte ich noch und los gings.

    Ich habe seitdem 6 Stücke Schalenwild damit aufgebrochen, 2 Rehe, 2 Wildschweine und 2 Stücke Damwild. Ich schneide beim Aufbrechen immer durch den Brustkorb und öffne bei den Sauen auch das Schloss mit meinem Jagdmesser. Zwei der Tiere habe ich mit dem Messer auch weiter versorgt, zerlegt und so weiter. Die Klinge hatte also auch Knochenkontakt.

    Bevor ich zum Stahl komme, darf das Messer als solches natürlich nicht zu kurz kommen. Die Geometrie ist für meine jagdlichen Bedürfnisse sehr gut. Kurze Klinge und ein handfüllender Griff, mit dem man auch kräftig zupacken kann. Der Griff ist geschmeidig; das Holz wird aber nicht zu rutschig auch wenn die Klinge nass ist. Die Pins sind sehr gefällig ausgeführt und geben dem Messer ein gewisses Extra. Die Klinge ist für ein Jagdmesser ambitioniert dünn ausgeschliffen, da hatte ich im Vorfeld schon ein paar Bedenken. Die Klinge kam bei mir so scharf an, dass sie mit mäßigem Druck rasierte.

    Nun zum Wesentlichen :) Nach den ersten drei Tieren liess der Schnitt im ersten Klingendrittel nach, das ist aber normal und das habe ich bei noch keinem Stahl anders erlebt. Ich habe dann noch 2 Tiere damit versorgt, um es etwas mehr abzustumpfen. Die Klinge zeigte danach bei näherer Betrachtung keine Ausbrüche und die Schneide hatte sich auch nicht sichtbar umgelegt. Also erst mal 1:0 für den Stahl. Ich habe die Klinge dann am Leder mit Tormek Paste abgezogen - danach rasierte sie wieder mit leichtem Druck. Jetzt bin ich gespannt, wie lange ich die Klinge mit dem Leder wieder hinbekomme und wann ich mit dem Sinterrubin nachhelfen muss. Vom ersten Eindruck her weiss der alte Stahl durchaus zu überzeugen.

    Die Jagdsaison geht noch bis Mitte Januar, so dass ich hoffe, noch ein paar Ergebnisse zu bekommen - zur Not verleihe ich das Messer an Jagdkollegen, ich bin doch oft der Einzige, der ein Scharfes Messer dabei hat ;)

    Gruß

    • Uli
  • Cooler Zachl ....die Form erinnert mich stark an den Loveless Utility Hunter! Tolles Holz und eine offensichtlich interessante Stahlauswahl!
    Sehr gefälliges Paket ... halt uns am Laufenden!

    Gruss, Claus

  • Hallo Uli

    Vielen Dank das du dir die Mühe machst und das Messer nicht nut testest, sondern auch noch so einen super Bericht darüber schreibst. ich bin auch sehr gespannt wie es weitergeht und wie sich der Stahl schlägt. Bei der arbeit die er mit sich bringt bis er als fertiges Messer da liegt hoffe ich das er die Erwartung erfüllt. bis jetzt bin ich schonmal sehr , sehr zufrieden!

    Bis bald, Micha

  • Hallo Uli

    Da bin ich aber gespannt, was Du zum Hasensilvester zu berichten hast.
    Das Messer sieht jedenfalls klasse aus - in Form und Material.
    Die Klinge wirkt auf mich wie genau für den jagdlichen Zweck gemacht,
    das hat Micha toll hinbekommen.

    Danke fürs Zeigen

    Gruß Andree

  • Da ich ja diesen Stahl gerade auch im Einsatz als Rasiermesser und Küchenmesser ausgiebig auf den Zahn fühle, bin ich um so mehr auf weitere Berichte gespannt. Deine Nutzung dürfte auf jeden Fall die größere Herausforderung sein ;)

    Mit dem Messer, rasiert es sich besser.

  • Uli, sehr interessanter Bericht.
    Besonders gefällt mir die Vorgehensweise mit Leder und Paste zum Rubin.
    Ich bin gespannt auf Deine weiteren Eindrücke.

    Gruss Daniel

  • Danke euch für die netten Worte.

    So behandle ich eigentlich alle meine Klingen erst die Lederscheibe, dann Sinterrubin und wenn die Schneide wieder hergestellt werden muss, die Tormek. Dort habe ich eine Scheibe mit 800er Körnung, die gibt ordentliche Ergebnisse. Bei kleineren Ausbrüchen kommt natürlich direkt die Tormek ins Spiel.

    Gruß

    Uli

  • So, ein kleines Update.

    Ich habe noch zwei Stücke aufgebrochen und ein Damwildkalb küchenfertig gemacht. Dafür nehme ich normalerweise Schlachtermesser, da sich Knochenkontakt nicht vermeiden lässt und zum Ausbeinen eine flexible Klinge deutlich geeigneter ist.
    Auf dem Bild die parierten Rückefilets als Appetitanreger :)

    Danach war der Schnitt dann allerdings raus. Abziehen auf dem Leder brachte auch keine Besserung. Bei der Draufsicht zeigte sich, dass sich ein kleiner Teil der Schneide leicht zur Seite gelegt hatte. Pro Seite zwei Striche auf dem Sinterrubin haben dann die alte Schärfe wieder hergestellt. So langsam fängt der Stahl an, richtig Spass zu machen :thumbup:

    Gruß

    Uli

  • So, ein Update zum Ende der Schalenwildsaison in NRW.

    Seit dem letzten Bericht habe ich noch 10 Stück Schalenwild mit dem Messer versorgt, zwei Sauen und 8 Stück Damwild.

    Dazu das übliche - Schinken und Brot schneiden, hier mal etwas kappen, Bierflaschen öffnen - EDC Arbeiten eben.

    Der bislang gute Eindruck hat sich dabei weiter verfestigt. Ich habe das Messer noch zweimal über den Sinterrubin gezogen, den Griff etwas geölt, das wars. Wobei das Ölen auch nur Reflex war. Das Holz braucht das eigentlich nicht. Die Klinge steht nach wie vor super, Da spielen Geometrie und der Stahl sehr gut zusammen. Der Stahl steht moderneren Varianten sicher nichts nach; 1.2442 und 1.2560 sind noch etwas leichter auf höhere Schärfe zu bekommen, zumindest kommt mir das so vor. Ist ja keine genormte Testumgebung.

    Auf der Jagd geht so ein Messer ja auch mal rum und ich habe immer Komplimente über die Griffgestaltung bekommen, die ich ja leider abwehrern musste :D

    Wie auf den Bildern zu sehen, ist die Brünierung etwas blasser geworden und die Schalen sind minimal geschrumpft. Aber nicht unangenehm stark.

    Insgesamt ein sehr ansprechender Test. Das ist eigentlich das erste Mal, dass ich eine Jagdsaison nur mit einem Messer gearbeitet habe - ist mir aber nicht schwergefallen. Noch mal ein großes Lob an Micha. Diese Kombination ist als Gebrauchsmesser bedenkenlos zu empfehlen.

    Danke fürs Mitlesen

    Uli

  • Hallo Uli

    Vielen Dank das du so spontan und kurzfristig das Messer testen konntest. Und dann auch noch so praxisnah und in diesem Ausmaß.

    Es ist für mich auch eine grosse Freude zu sehen das alles was ich mir an Gedanken zu diesem Messer gemacht habe richtig war. Ich halte selber auch viel von dem Stahl und freue mich schon auf die nächsten Messer die ich daraus machen werde. Es ist viel aufwendig, aber es lohnt sich!

  • Uli hat einen tollen Bericht geliefert, Micha das tolle Messer.

    Insgesamt finde ich das Design wirklich gelungen und sehr praxisnah, was sich ja auch an Ulis Erfahrungen zeigt.

    Der Stahl klingt spannend. Da bin ich auf weitere Exponate gespannt.

  • Ich sitze gerade im frischen Grün des Waldes, die Vögel geben ihr Abendkonzert und der Uhu wird gleich rufen.
    Was will das Herz mehr?
    Wenn Diana mir hold ist, darf das Messer auch noch arbeiten. Aber das ist an so einem Abend auch nicht wirklich wichtig.

    Gruß
    Uli

    (Der gerade sehr mit sich im Reinen ist)

  • Na dann Waidmannsheil Uli
    Ich sitze auch gerade draußen und schaue den Feldhasen zu.
    Sollte laut Wetterbericht eigentlich aufhören zu regnen. Na ja "sollte". Aber egal vielleicht geht ja was.
    Gruß
    Bernhard

  • Ich habe das Messer noch diverse Male im Einsatz gehabt, zuletzt dieses Wochenende. Der Stahl gefällt mir immer besser - nach dem ersten Nachschleifen (Tomek 800er Scheibe) steht die Schneide wie eine eins.

    Der Griff hat zwar schon schon ein paar Macken, ein kürzlicher Kontakt mit Betonboden hat auch eine Ecke am Holz gekostet. Dafür hat es aber Tiefe wie am ersten Tag. Tut der Gebrauchstüchtigkeit aber sowieso keinen Abbruch. Der Mehraufwand für diesen Stahl ist also durchaus gerechtfertigt.

    Gruß

    Uli

  • Danke für das Update, Uli. Hab den Test verfolgt und immer mal wieder hervorgeholt. Plane grad was mit Micha und wir sind beim TWR gelandet. Sein finaler Vorschlag, und da ich einem bisschen "Exotik" durchaus was abgewinnen kann, passt das sehr gut. Gestützt auf Deine guten Erfahrungen umso mehr.

    Gruß
    Burghard