Privatführung bei Benchmade (!)

  • Hallo Community,

    Gerade sitze ich am Flugplatz Portland International PDX und bin noch ganz belämmert. Soeben hatte ich eine exclusive Privatführung über 2h durch die komplette Firma Benchmade in Oregon City, Oregon. ^^^^8o8o

    Ich fange jetzt einfach mal an, solange die Eindrücke noch frisch sind und baue nachher noch ein paar Fotos ein.

    Auf dieser Geschäftsreise ging es vor allem darum, die Firma Blount zu besuchen. Blount, u.a. bekannt unter den Marken COX und Oregon stellt Sägeketten und Schwerter für viele Kettensägen-Anbieter her. Das Werk mit 2.700 Leuten ist an sich schon beeindruckend. An 4 Produktionsstätten werden unter andere 50 -70 Meilen Sägeketten pro Tag hergestellt.

    Da persönliche Beziehungen in den USA wesentlich mehr wichtiger sind als in Europa, werden diese auch gepflegt und zum richtigen Zeitpunkt in Anspruch genommen. Ben, der Projektleiter für unser Spezialprojekt, war früher bei Gerber tätig. Einer seiner früheren Kollegen ist jetzt Produkt-Designer bei Benchmade und nachdem Ben und Arnie bei mir zuhause eingeladen waren und meine Messerwerkstatt und meine Messer gesehen haben, hat mir Ben zu dieser Führung verholfen.

    Sein Freund Jimmy ist einer von 5 Produktdesigner bei Benchmade. Benchmade exisitiert seit den 70ern und sie haben momentan ca. 275 Leute in Entwicklung, Verwaltung und Produktion. Sehr viele der amerikanischen Messer-Firmen sitzen übrigens in Oregon, u.A. Gerber, Leatherman, Kershaw, CRKT, Benchmade ... Wahrscheinlich, weil viele ursprünglich aus der Gerber-Firma heraus den Weg in die Selbstständigkeit gefunden haben.

    Jimmy führte uns quer durch die Produktion, das Lager, die Entwicklung, die Qualitätssicherung, durch die Testlabore und alle anderen Bereiche. Wir durften viele Messer ansehen, die erst nächstes Jahr in den Markt kommen, so z.B. das letzte Design-Projekt von Osborne, kurz bevor er leider verstarb. Wir gingen auch an einem Entwicklungsworkshop vorbei, wo einige Leute ein Brainstorming über zukünftige Produkte machten.

    Bei den Entwicklern lagen überall Messer, Messerteile und Material herum.

    Jimmy's EDC ist ein Messer (mit Teilgummierung im Griff), dass er selbst entwickelt hat und das erst in 2018 zu kaufen sein wird. Wir gingen an Strukturierungslaser vorbei (für die Griffe), der hauseigenen Anodisierungsanlage, vielen Bearbeitungszentren und den Klingen-Schleifmaschinen. Viel Equipment ist übrigens aus good old Germany. Ebenso ging es durch den Prototypenbau und durch die Gold-Class-Fertigung (fast reine Handarbeit). Dazu die Schärferei - Geschärft wurde freihand, auf Cubitron-II (K120) dann poliert und jede Klinge am Papier getestet.

    Auf den Bearbeitungszentren werden oft 10 Klingen oder Griffschalen gleichzeitig aufgespannt und bearbeitet.

    Im Testlabor werden Aufklappkräfte gemessen, Ermüdungsversuche gemacht und in einer Salzkammer werden Korrosionsversuche durchgeführt.

    Einige Fräsmaschinen mit extra-starker Absaugung machten gerade Griffe aus Holz und G10. Andere Bearbeitungszentren frästen gerade Titan-Griffe und Al-Griffe und Backen. Stanzen arbeiteten die Leiner heraus, große Topfschleifmaschinen bearbeiteten dandere Linder. Überrall waren Entgratmaschinen, die Stonewash-Finish erzeugten oder Grat entfernten und trowalisierten. Dazwischen Laser-Beschrifter, Läppmaschinen, Bandschleifer, etc. Sehr interessant auch das Stahllager für die Klingen, die Laserschneidanlagen für Klingen und Liner etc. Überall lagen Messer, Messerteile, Materialmuster ...

    An einer Stelle wurden Messer mit Liner-Lock hergestellt. Hier wurde der Liner gebogen, der Detentball eingepresst und der Liner wurde tatsächlich mit einem Carbidizer mit Hartmetall beschichtet - ganz wie wir es auch machen würden, nur halt mit fertigen Vorrichtungen und sehr professionellem Gerät.

    Sehr interessant ist auch der Testroboter - hier wird mit einem standardisierten Robi ein Papierstapel (aus definiertem, abrasievem Papier) durchschnitten. Dieser Test wird von mehreren Messerherstellern angewendet und der Robi kann auch von anderen Messer-Testern gekauft werden (siehe Bild).

    Die Endkontrolle und die Verpackung - Jedes Messer wird mehrfach mit Argusaugen kontrolliert und mit letzter Politur versehen.

    Und das beste zum Schluß: Da Jimmy sich jedes Messer selber bauen kann, nimmt er seine Möglichkeit, 10 Messer pro Jahr mit Firmenrabatt im hauseigenen Store zu kaufen, nicht in Anspruch. Ratet mal, wer mit 50% Rabatt nun einkaufen durfte! :D:D^^^^<3<3

    Der hauseigene Store ist ein Traum. Jedes Modell ist ausgestellt und verfügbar (z.T. in manual, auto, assisited, serated, plain ...), daneben T-Shirts, Mützen, Zubehör (Öl, Reinigungssets, etc.) ...

    Meine "Beute" ist schon im Koffer, Fotos davon kommen noch.

    So, jetzt schicke ich erst mal was ab und komme nachher mit Bildern (recht wenige, vieles unterliegt hier der Geheimhaltung)

    Viele Grüße aus Oregon

    Gerhard

    PS: Ben sagt, für den nächsten Besuch hätte er auch noch einen guten Freund, der bei Leatherman arbeitet

  • Grandiose Angelegenheit, den Spaß dabei spürt man in Deinem Bericht, klasse. Ich freue mich schon jetzt auf die Bilder. :)
    Beste Grüße

    Die Hand voller Asse
    .......aber das Leben spielt Schach.

  • Hi Gerhard,

    klasse, Dein Bericht! :yes::sensation::yes:

    ich finde es absolut nett von Dir, dass Du uns an dieser Führung teilhaben lässt (auch wenn Du die Protzente beim Einkauf nicht mit uns teilst :D )
    Ich hoffe (wenn schon denn schon), dass Du nur mit Gold Class Exemparen das Haus verlassen hast! :opa:
    Ich bin sehr gespannt, was Du noch aus dem BM-Schlaraffenland zeigen wirst.

  • Hallo Gerhard,
    danke für diesen genialen und sehr schön geschriebenen Besuchsbericht!
    Die Bilder sind dir wirklich gelungen und geben einen sehr schönen Einblick in die BW-Welt

    Grüße Frank
    Ich kann jetzt auch nur vermuten, was ich damit meine ....

  • Hi Gerhard,
    super Bericht und Danke für den Einblick.
    Ich hätte da jetzt mehr die "industrielle Fertigung" erwartet und nicht diese Laboratmosphere. Das ist schon ein Riesenunterschied zu "Solingen".
    Das war sehr interessant.
    Walter

    ...bleiben sie ruhig, ich hole Hilfe...