Was altes aus Solingen...

  • Hallo Miteinander!

    Heute war mal wieder in Riesa Hallenflohmarkt, es war voll wie immer und ich bin bemerkenswert fündig geworden...
    In der Grabbelkiste einer charmanten Flohmarktverkäuferin lag ein relativ auffälliges weil großes und mit einem selten gewordenen Verschluss ausgestattetes Klappmesser.
    Es stach jedenfalls angenehm von den übrigen mehr oder weniger malträtierten Klappern ab...
    Ich habe es dort kaum auf- geschweige denn zubekommen. Der Zustand der Klinge war gebraucht, auch mal geschärft, der letzte Besitzer muss mit einer 40 er Körnung und einer Flex zugange gewesen sein. Ich habe aber schon schlimmer versaute Klingen gesehen. Ich frage mich dann immer- Junge, was hast Du genommen????
    Das nicht Aufbekommen war der Rost im Gelenk. Das nicht Schließen war meine Unkenntnis, dass der Bügel, der die Rückenfeder anhebt und damit die entsprechende Klinke aus der Klingenwurzel löst und die Klinge damit freigibt, nur funktioniert, wenn er ganz nach vorn geklappt wird.... Ich brauchte ein,zwei Minuten bis ich das System erkannt hab...
    Also ähnlich wie bei den spanischen Navajas in ihren Spielarten...
    Vor Ort ausprobiert, für gut befunden und handelseinig geworden...
    15,00 EUR, auf ihren hübschen Kopf gefallen war sie nicht- die Antiquiteuse...
    Naja- mal abgesehen von der Klinge, der irgendjemand versucht hat, eine Tantoform zu verpassen und ein bisschen Flugrost war das Teil noch sehr gut in Schuss. Keinerlei Spiel, Kohlenstoffstahl, Messingbacken,-und Bügel und irgendwie Holzschalen, vielleicht Pflaume oder ähnliches...
    Die Klinge hat 10 cm Länge, 2cm Breite, 4mm Stärke, Keilschliff. Der Griff ist 12 cm lang und liegt wunderbar in der Hand. Ein solides Klappmesser mit über 22 cm Länge.
    Die Form vons Janze erinnert irgendwie an das "Taschen- Notschlachtemesser" von Wüsthof.
    Ich hatte mal eines zum Schärfen, das hatte dieselbe geschwungene Griffform, allerdings noch Backen am Griffende.
    Auch sehr solide, das Gerät.
    Das hier ist von Abr. Knyn Solingen, laut Klingenstempel.
    Unter dem Namen Knyn habe ich nichts gefunden in "Das Örtliche" in Solingen+50 km Umkreis... Etwas aus Museen und Sammlungen, die Einträge stammen aus den 20er und 30 er Jahren des letzten Jahrhunderts...
    Also hat das Teil schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.

    Ich habe es ein wenig geölt, siehe da, es hatte immer noch kein Spiel, aber einen schönen Gang! Beim Öffnen kommt kein schüchternes "Klack" nein es ist schon ein resolutes "Paff"- beim Schließen klackt es. Sogar der Bügel auf dem Rücken klackt...
    Die Klinge ist durch ihren großen Nagelhieb gut zu öffnen, die äußerst kräftige Rückenfeder bringt einen ordentlichen Widerstand, aber kein Rucken alles schön flüssig.
    Ich denke die Mißhandlung der Klinge sollte behutsam zu beheben sein, das Messer hat glaube ich, das Zeug ein seeehr zuverlässiger Alltagsbegleiter zu sein...

    Viele Grüße, Andreas!

  • Ein schönes Messer und sicher eine interessante Aufgabe es wieder zum "Leben" zu erwecken.
    Aber es ist genau diese Art Messer bei denen es mich stört das ich es nicht zerlegen kann.
    Vielleicht unterliege ich auch zuviel dem "erst mal zerlegen, dann schaun wir mal".
    Schöner Fund, viel Spass damit.
    Walter

    ...bleiben sie ruhig, ich hole Hilfe...

  • Hallo Walter,
    zerlegen- eher nicht. Zumindest nicht zerstörungsfrei.
    Und dafür ist es nicht kaputt genug- für eine Komplettreko. Feder und der kleine Bügelmechanismus funktionieren tadellos.
    Ansonsten- die zerkratzte Klinge- ich habe hin und her überlegt, aber ich bringe das ganze Gerät glaub ich mal zu einem ortsansässigen Schneidwarenmechaniker mit Schleifbetrieb.
    Wenn ich dem ganz genau erkläre, was er tun soll, denke ich, es wird fast wie neu...
    Man muss auch mal loslassen können- und ich weiß wo meine Grenzen liegen...
    Händisch die Schleifmarken entfernen- nein, das nicht...


    Viele Grüße, Andreas

  • Man muss auch mal loslassen können- und ich weiß wo meine Grenzen liegen...

    Ja, aber mit genau Deinem Wissen ist es manchmal schwer zu akzeptieren wenn man das Messer wieder aufbereitet zurückkommt.
    Wissen macht kritisch! Ich wünsche Dir das es wie "neu" wird, aber doch mit den Marken die die Zeit hinterlassen hat.
    Walter

    ...bleiben sie ruhig, ich hole Hilfe...

  • Gratulation zu dem Fang!
    Eine tolle plastische Beschreibung, wie Du an das gute Stück gekommen bist.

    Ich würde es bei Deinem Know/How auch nicht in andere Hände geben.
    Versuch doch erst einmal mit Japanischen Poliergummi den Rost zu entfernen:
    https://www.amazon.de/Poliergummi-au…her+poliergummi
    Immer in Richtung der Satinierung ziehen. Damit geht auch das Logo nicht kaputt.
    Eine neue Schneide würde ich wenn, dann eher bei einem vertrauenswürdigen Messermacher der BC in Auftrag geben.
    Da bist Du dann vor Überraschungen sicher.

  • Hallo miteinander!

    @'Walter, da habe ich natürlich dem Schleifermeister zu erklären, was geht und was nicht...
    Mal sehen.
    @ Thomas, der Rost ist nicht das Problem...
    wirklich nur Flugrost. Ich habe die Klinge heute mal ein bisschen mit 2000 er Klingspor bearbeitet, sie spiegelte fast - nach ungefähr 5 Minuten.
    Das Logo ist auch nicht gefährdet, es befindet sich an der Klingenwurze und hat genügend Tiefe.
    Nee- Problem sind die Riefen, die irgend so ein Hirntoter beim "Schleifen, Schärfen" oder was immer er vorhatte, hinterließ...
    Stell Dir mal vor, Du als Besitzer dieses Messers klappst es auf. Dann sind die Riefen da...
    Ein anderer- auch Messerkundiger kommt hinzu, besieht sich das gute Stück, was sieht er, Riefen auf einer sonst glänzenden Klinge an einem gut erhaltenen alten Messer...
    Und dann der komische Knick unten. Ein Tanto ist ein Tanto.
    Das ist auf keinsten Fall ein Tanto.
    Du könntest ihm erklären, dass Du es so bekommen hast...
    Er könnte es glauben. Er könnte aber auch dran zweifeln :) ...
    Na gut den Knick bekommt man weg, die Schneide auch unfallfrei gerade- mit Wassersteinen, die Klinge hat locker 20 mm Breite, ca 0,3-04.mm würden schätzungensweise draufgehen, aber die Riefen... ich glaube die sprechen Bände...
    Danke Dir für den Tipp mit dem Gummi...
    Ich werde mir das mal näher durchlesen, w a s genau man damit weg bekommt, vielleicht auch diese Riefen :( ...

    Vielen Dank Euch für die Daumen und die Kommentare...

    Andreas

  • Hallo Andreas,

    Glückwunsch zu deinem Fund.
    Für den Rost,auch im inneren,gibt es ja zum Glück Abhilfe in Form von verschiedensten Mittelchen.Für
    die hässlichen Riefen,die sicher von einem Schleifbock stammen ,wirst du wohl oder übel einen neuen Schliff anlegen müssen.Je nach dem wie tief die sind ,sicher eine Frage ob das machbar ist oder die Klinge zu sehr schwächt.

    Gruß Carsten

    "ich schärfe nichts mehr...bleiben sie auch länger stumpf" leielekt Februar 2017

    Schmutzige Hände sind ein Zeichen für sauberes Geld

  • vielleicht auch diese Riefen .

    Jetzt sehe ich die Riefen erst richtig - da hilft der Gummi leider nicht :(

    Da wird man wohl nicht um einen neuen Schliff herumkommen, vorausgesetzt, es ist genug Material zum Abtragen vorhanden - genau so wie Carsten schreibt.
    Vielleicht vorher noch mit Handsatinieren versuchen? Das wird aber mühevoll bei der Tiefe der Riefen.

  • ... War gestern beim Messerhändler-Schmiedemeister des Vertrauens bei mir in Meißen.
    Also um einen neuen Schliff werde ich wohl nicht drumrumkommen...
    Bei 4 mm Klingenstärke ist genug "Fleisch" da um die häßlichen Krtazer wegzubekommen, auch der "American Tanto" Knick ist kein Problem.
    Ich bin gespannt, wie`s aussieht danach...
    Hab ich noch nicht gemacht, so ein Messer und Lieblingsstück in spe weggegeben...

    Andreas!

  • Hallo, zusammen!
    So die Zeit des Wartens ist vorbei- gestern ereilte mich der Anruf des Messerschmiedes des Vertrauens oder besser seiner Frau, "Das alte Taschenmesser ist fertig"
    Und- ich bin sehr zufrieden, So zu frieden, dass ich drei Bilder, zwei davon ge- und eins verschossen hab...
    Ich finde es kann sich wieder sehen lassen...
    Das Messer hatte ich ja vom Trödelmarkt- mit malträtierter Klinge- die war schärfetechnisch schon nicht ohne. Durch den etwas verzwickt zu händelnden Schließmechanismus ist man versucht, der Bequemlichkeit halber die Finger zwischen sich schließender Klinge und Gehäuse zu haben. D a s verkneife ich mir jetzt. Es ist jetzt richtig scharf.
    Ich finde durch den neuen Anschliff, den Herr Köhler der Klinge verpasst hat, glatt, keil auf Null (wunschgemäß) sieht das ganze ein wenig " finster" aus. Die "Politur a la Hausschlächter" ist passend. Irgendwie impliziert die Klingenform "Vorsicht" . Aber wer weiß, wozu es gut ist...
    Und hier die drei Bilder:-)


    Viele Grüße, Andreas!
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    So, jetzt ist Sonntag der 29.01, - eh der Thomas oder ein anderer geplagter Moderator wieder was zusammenlegen muss mach ichs gleich hintenran, um einen runden Abschluss zu haben...
    Ich habe für den Schnitter ein Täschchen genäht. Rindsleder 4mm, handgestochen mit Keder und Klappe, verschlossen mit einem Beiltaschenknopf. Und- zum zelebrieren, so eine Lasche an der man ziehen muss um das untergebrachte Messer ein Stück raus zu bekommen... Nebenbei- das Ding sitzt so passig darin, die Idee mit der Lasche war nicht die Dümmste. Obwohl ist nicht meine Idee, ich habe es irgendwo mal bei einer alten Messertasche gesehen, nur etwas "spieliger"
    Ist übrigens wegen der Aufmerksamkeit bei Tisch :P ...
    Das Ganze ist verklebt mit Bindulin Lederkleber, vernäht händisch mit 0,8mm Schustergarn aus Leinen, gewachst und geteert mit einer Eigenmischung aus Buchenteer,Bienenwachs und Carnaubawachs...

    Gut- es sieht nicht wirklich filigran aus, bei meinen bescheidenen Nähkünsten kann man da auch nicht mehr erwarten.
    Aber ich denke, es erfüllt seinen Zweck, das Messer im Rucksack schneller zu finden und ihm einen Platz zu bieten, den so ein Werkzeug eigentlich haben sollte.
    Mein Gott- ich bin wirklich ganz vernarrt in das Ding...

    Noch mal Viele Grüße, Andreas!

  • Hallo Andreas

    Da hat der Schmied des Vertrauens wirklich eine tolle Arbeit gemacht.
    Das Messer ist ja kaum wieder zu erkennen :thumbsup:

    Gruß Andree

  • @ Andree,
    ja hat er. Und was mir wichtig war und er sich auch dran gehalten hat; die Klinge hat er wirklich nur minimal "verringert" in der Breite ca.0,6 mm, für den American Tanto Knick und in der Dicke gerade soviel, dass die häßlichen Riefen weg sind. Ohne übertrieben viel Material wegzunehmen.
    @ The Lem, ja schön- wirklich das isses...
    ich glaube aber nicht, dass ich oft dazu komme es für seinen ursprünglichen Zweck zu nutzen...
    Ich denke es wird bei mir eine ruhige Kugel schieben- mal mit in die Rotation darf es aber...


    Viewle Grüße, Andreas

  • Hallo Andreas,

    na das kann sich doch sehen lassen !
    Nicht nur das die Optik nun eine völlig andere ist, es sieht wieder wie ein Messer aus das
    schon Spass macht es aus der Tasche zu holen und damit was zu schneiden.
    Damit hast du egal wo auf jeden Fall die Aufmerksamkeit auf deiner Seite.
    Toll gemacht.

    Gruß Carsten

    "ich schärfe nichts mehr...bleiben sie auch länger stumpf" leielekt Februar 2017

    Schmutzige Hände sind ein Zeichen für sauberes Geld

  • Hallo Andreas,

    ich musste jetzt genau hinsehen, weil ich das Ergebnis kaum glauben konnte.
    Damit man besser Vorher/Nachher erkennen kann, habe ich beide Beiträge zusammengefügt.

    Ich wünsche Dir viel Spaß mit dem neuen "alten Schnitter", der nun wie ein Laser rasieren sollte!

  • Hallo miteinander!

    @ Carsten, ja sehe ich auch so und was viel schöner ist, es hebt sich auch ein bisschen von der Mase ab. Das Kamelienöl, was ich ins Gelenk habe laufen lassen hat mittlerweile seine Wirkung voll entfaltet, ein herrlicher Klingengang- für das Alter...
    DasSchönste ist aber das "Paff" beim Öffnen und das "Klack" beim schließen.
    Und das Kompliment gilt Herrn Köhler aus Meißen, Firma "Scharfsinn", er hat ganze Arbeit geleistet!


    Damit hast du egal wo auf jeden Fall die Aufmerksamkeit auf deiner Seite.
    Toll gemacht.

    Gruß Carsten

    Hihi, das ist der Plan...
    Hoffentlich nicht in einer komischen Datensammlung...
    Ach nee, das Ding ist ja politisch korrekt...

    @ Thomas, ja die Klinge ist ein wenig verändert- ich denke jedoch zum Vorteil, oder vielmehr, sehr war durch die vorherige Misshandlung zu sehr verändert, dass es jetzt erst richtig zur Geltung kommt.
    Vielen Dank für`s zusammenlegen, hätte ich auch selbst drauf kommen können.


    Viele Grüße, Andreas!