...die zwei aus der Schmiede

  • Hallo zusammen,

    hier mal wieder was von mir...
    Um es kurz zu machen, es sind zwei Küchenmesser der etwas anderen Art - zwischen allen Stühlen. Aber sehr solide... Geschmiedet aus einer meiner Lieblingsschruppfeilen, die in jahrelanger Benutzung irgendwann verschlissen und abgenutzt war. Die Länge der Klingen ist um die 18 cm, die der Griffe 12 cm. Entstanden ohne Maschineneinsatz, sieht man vom Zerflexen der Feile, Schmiedegebläse und einer Bohrmaschine fürs Griffholz ab. Messgeräte habe ich auch keine verwendet, nur einen kleinen Schlosserwinkel...Ich habe -wie immer mehr Aufwand in die Wärmebehandlung als in das Finish gesteckt... die Bilder 3047,3048und 3049 zeigen ungefähr was ich meine. Drei mal angelassen auf strohgelb... mit glühendem Eisenklötzchen.
    Die Formgebung erfolgte durch Feilen, der Rest Klingspor 40 er, 120er 400er und 1200er.
    Griff ist Maserbirke, Knochen, Leder, und ganz entgegen meiner Art- eine Alpakkaplatte, punziert.
    Die Angel ist durchgehend und am Ende vernietet. (Pro Messer 1,5 h) Verklebt mit Bindulin Epoxy und bei 40 Grad getempert.
    Die Klingen haben zwei Schnittwinkel, die ersten 3 cm von der Klingenwurzel sind beilähnlich, der Rest mit sanftem Übergang nach der Spitze- Flachschliff, leicht ballig. Fragt mich nicht nach Gradzahlen, ich weiß nur dass sie scharf sind... Kann man mal nen Knochen oder Tiefkühlspinat zerhacken, habe ich mir gedacht...
    Und solide, sind beide getestet, zwei Buchenkloben gespalten, mehrfach, draufsetzen der Klinge- dann mit einem groben Knüppel durchgetrieben, klappt, hält, keine Risse...
    Und rasieren ging hinterher auch noch. Naja beim Spalten reißt ja das Holz selbst auf...

    Die Steckscheiden sind aus Sattelleder, gewohnt rustikal aber auch sehr stabil, die Keder sind jeweils aus Spießleder, dürfte also nix passieren.

    Das besondere an den Dingelchen sind die Kisten, ich habe zwei Kästchen gebaut, auch Handarbeit nach Art einer japanischen Werkzeugkiste...
    Aus Kiefernbrettern. Die Originale sind nach Toshio Odates Aussage in " Die Werkzeuge des japanischen Schreiners" nur zusammengenagelt. Das habe ich nicht übers Herz gebracht und die Seitenbretter geschäftet und die Stirnwände in den Boden mit einer Nut eingelassen, vernagelt und geleimt. Minimal gehobelt und mit Arbeitsplattenöl versiegelt.
    Holzdeckel mit Keil zum verschließen, ich bin der Meinung, besser und einfacher geht`s nicht.

    Die Messer hat eine Kollegin bei mir machen lassen, sie ist fasziniert vom Schmieden...
    Hat selber mitgetan, beim Schlichten,Absetzen,
    Eines ist für sie, eines für ihre Mutter. Welches nun für wen- ich weiß es nicht...
    Das eine sieht stimmiger aus, das andere ist führiger und leichter.
    Das schwerere von beiden hat 297 Gramm, das leichtere 220 Gramm. Eigentlich nichts für zarte Frauenhände, aber ich habe die Griffe so gemacht, dass sie mir zu dünn vorkommen, so sollte es stimmig sein.

    Ja- nun - die schöneren Fotos habe nicht ich gemacht, unschwer zu erraten, welche es sind...
    Ein paar Impressionen von der alten Dorfschmiede in Görzig sind auch noch dabei, der Eigentümer, der Werner Dittrich lässt mich dort großzügigerweise werkeln.
    Ein riesengroßes Dankeschön an ihn und Herzliche Grüße an seinen Vater, über 90 und gelernter Schmied... Ich werde ganz zitterig, wenn er mir auf die Hände schaut.
    Selber macht er leider nichts mehr.

    Nach langer Abstinenz- wieder mal was- wie gesagt, bin etwas aus der Übung, war ich da jemals richtig drin :D seid nicht so hart mit mir...

    Viele Grüße, Andreas

  • Hallo Andreas,

    genau mein Stil deine Messer. Die Schmiede ist zudem
    absolut passend. Ich finde das Schmieden einfach genial,
    werde demnächst auch wieder mal meine fahrbare Esse anwerfen.
    Man erkennt deinen Stil und du denkst bzw. handelst so wie ich :
    Funktion und Wärmebehandlung geht vor.

    Gruß
    Bernhard

    Man muß Gott danken, selbst für einen Unterfranken.
    Nunc est bibendum (Lasst uns trinken!) :beer: (Kellerbier)

  • Hallo Andreas,

    ich finde die beiden Messer echt genial! Wer hat schon so ein stabiles Küchenmesser. Bin auch von den beiden Holzkästchen total begeistert.

    Dein Bericht ist klasse, du hast dir ne Menge Gedanken gemacht und ich finde es schön, dass du sie hier teilst und auch deine Arbeitsschritte ausführlich erklärst.

    Schönen Gruß

    Frank

  • Hallo Andreas,

    Glückwunsch zu diesen sehr stimmigen Messern !
    Sehr schön zu sehen wie sie entstehen,ganz in deinem Stil und wunderbar Rustikal.
    Die selbsgemachten Kisten sind ebenso Klasse und passen so hervorragend dazu.
    Ich denke die neuen Besitzer werden sich riesig freuen.

    Grüße an den Werner nach Görzig und vllt. sehen wir uns beim nächsten SÄMFT ?

    Gruß Carsten

    "ich schärfe nichts mehr...bleiben sie auch länger stumpf" leielekt Februar 2017

    Schmutzige Hände sind ein Zeichen für sauberes Geld

  • @Bernhard, Danke für die Blumen, Schmieden, ja- es ist genial, ich bin dabei, eine kleine Gasesse zusammenzubauen, dass ich öfter mal "zwischendurch wieder in den Genuss komme, ohne kilometerweit durch die Gegend zu fahren.
    Die WB war in meinen insofern kitzlig, als dass ich die Feilen von 1,5cm Dicke auf knapp 3mm zusammengehämmert hatte. Aber nö- kein Verzug, hat alles geklappt.
    @ Frank Danke auch Dir - naja genial ist anders, wobei sie sind ein wenig anders- auf alle Fälle.
    Bei entsprechender Pflege sind sie aber guten Gewissens vererbbar. Da bin ich mir ziemlich sicher.
    @ Carsten, mit Rustikal habe ich mich zurückgehalten, aber es sind schon noch Bearbeitungsspuren zu sehen. Ist halt so :)
    Das SÄMFT, ja wäre ich gerne dabei wenn`s denn eines gibt...
    War richtig gut beim letzten Mal...
    Auch Dir schönen Dank für den Kommentar... Und denanderen für die vielen Daumen...

    Viele Grüße, Andreas

  • Hallo Andreas,

    wirklich stimmungsvolle und gute Bilder der Entstehungsgeschichte.
    Geben dem gelungenen Ergebnis die passende Tiefe und den Bezug zur Entstehungsarbeit.

    Mir kommt vor, dass sich Dein Stil nun "gerundet" und "verfeinert" hat.
    Zusammen mit den ebenfalls gut gemachten Kisten ein absolut vorzeigbares Ergebnis.
    Ich bin mir sicher, Dass Deine Kollegin sehr stolz auf die beiden Messer ist, zumal sie auch noch mitgemischt hat.

  • Hi Thomas, Dir auch vielen Dank,

    Die Entstehungsgeschichte, nun ja ein Miniabriss. Es war mühsam aus der riesigen Schruppfeile die Rohlinge rauszudengeln und in Fasson zu feilen. Dann die krummen Maserbirkenstückchen. Alles händisch ohne Maschine... Die beiden waren schon zwei Zeitfresser... Es war aber Meditation pur. Und ich hab sie gerne gemacht.
    Das Gebläse der Esse hat damals nicht richtig hingehauen, eine kleine Zwischendurchreparatur hat zwar Linderung gebracht, aber den Ausschlag gab es, als der Werner das ganze Luftsystem komplett auseinandergenommen, gereinigt und neu abgedichtet wieder zusammengesetzt hat, mit einem neuen Ventilator.
    Die Schmiedetemperatur ist damals nicht über ein dezentes hellrot rausgegangen...
    Die Kisten, ich konnte es nicht übers Herz bringen, die Dinger "nackig" zu übergeben. Und dann sollte es auch stimmig sein, grobe Kiste-grobes Messer.
    Der Stil, nun ja, hatte ich den jemals? Sicher meine Machwerke haben einen Wiedererkennungswert, sie ähneln sich schon.
    Der Einsatz von Schmiedespuren hält sich diesmal in Grenzen ist aber noch gut zu sehen...
    Hauptsache die Messer gefallen den neuen Besitzerinnen.
    Soll keiner sagen, dass Frauen keine großen Messer mögen...

    Viele Grüße, Andreas.