Passaroundbericht Böker Aurora + HOGUE EX-T01 Tomahawk

  • Hallo Bladecommunity!


    Da ich es immer sehr interessant und schön finde, mal ein paar frische Sachen testen zu können, habe ich die Chance direkt wahrgenommen und mich beim PA der genannten Spielzeuge angemeldet.
    Ich würde beide Sachen gerne Vorstellen. Ich möchte nicht lange drumherumreden, beginnen wir mit dem Böker. Die Fotos sind unbearbeitet, um hier möglichts unverfälscht die Farben zum Ausdruck zu bringen.

    Zur Vorgeschichte: Warum hat mich das Aurora überhaupt interessiert? Optisch ist es nicht wirklich mein Fall, aber es ging mir vorallem um Fit&Finish, die Funktionen, Action, Detend, Framlock… und so weiter. Was einen Folder dieser Preisklasse eben ausmacht. Zur Zeit ist er auf der Böker Homepage für 299€ immerhin gelistet. Da ich vor einiger Zeit mal nach anfänglich großer Freude ziemliche Probleme mit einem Böker Anso 67 hatte, wollte ich einfach wissen, ob sich etwas verändert hat.


    Erste Eindrücke:

    Die Handlage scheint ganz ok zu sein und die Grooves sind ja auch recht schön gemacht.. Die Position des Öffnungsloches ist aber etwas gewöhnungsbedürftig. Mit dem Daumen bekomme ich es nicht so gut auf. Mit dem Mittelfinger aufschnipsen geht halbwegs. Läuft noch etwas schwergängig.

    Größenvergleich mit ein paar Recht verbreiteten Gebrauchsmessern:


    Die Klinge:

    Erstaunlich schneidfreudig! Hätte ich nicht so ausgeprägt erwartet. Leider steht sie nicht sonderlich mittig im Griff und das Ricasso ist auch nicht wirklich perfekt. Während sich die Action und das Centering möglicherweise einstellen ließen, geht das beim Ricasso ja nicht mehr.Das Finish ist ansonsten sauber und gleichmäßig. Kanten gebrochen, Finish im Öffnungsloch auch gut. 154cm mag ich prinzipiell, wie die WBH bei Böker ausfällt müsste man über einen längeren Zeitraum testen. Wie man allerdings eine so krass bauchige Spitze schärft.. Das müsste ich wohl auch erstmal ausprobieren. Die Achse hatte sich bei mir nach dem Gebrauch leicht gelockert, ich habe sie dann wieder leicht angezogen und der vorherige Kritikpunkt des Centerings war erledigt.


    Zum Griff:

    Die Grifflänge wird effizient genutzt, viel mehr Klinge passt nicht rein. Grooves und Anodisierung sind gut gemacht, da gibt’s nichts zu meckern. Der Clip hingegen gefällt mir nicht. Erstens wegen des Stonewashes, zweitens da nur Tipdown möglich ist. Würde ich so niemals tragen. Auf der Lockseite fällt die breite Ausfräsung für den Lockbar auf, ebenfalls nicht so mein Geschmack. Positiv dagegen finde ich die 4 Standoffs, die gefallen mir gut. Sieht man auf dem Foto vom Centering recht gut.Der Lockup ist bei knapp 50%, ist okay.


    Öffnen/ Schließen:

    Die Ergonomie und das Handling ist ganz okay, bisschen ungewohnt wegen der eigenwilligen Form. Entriegeln geht gut. Anfangs hatte ich absolut keinen Lockstick, dann zwischendurch in der Benutzung mal ein bisschen (habe einen frischen Nussbaum geschitzt und ein bisschen Gemüse zerkleinert), dann war er wieder weg. Läuft sich wahrscheinlich noch etwas ein. Der Detend ist okay, nicht zu stramm, nicht zu schwach.

    Was mich allerdings ziemlich stört: wenn man von oben in den Griff auf den Achsbereich guckt, meine ich zu sehen, dass da nicht nur ein Washer pro Seite verbaut ist. Das sieht mir verdächtig nach einer Bronce+Teflon-Kombination aus. Das hatte ich schonmal bei meinem 67, kann ich nicht wirklich leiden, war es bei besagtem Messer doch eine Reparaturlösung wegen zu langen Standoffs.


    Fazit:

    Ich schließe daraus, dass mich die in Deutschland gefertigten Framelocks von Böker nach wie vor nicht so ganz überzeugen können. Für 300€, ich weiß nicht, zumindest ein symmetrisches Ricasso wäre ganz nett gewesen.Dazu viel Stonewash und die meistens Designs sind auch nicht so meins. Immerhin ist es recht schneidfreudig, damit sind wir schonmal auf einem guten Weg :D (ist ja leider auch nicht selbstverständlich…)

    Dazu muss ich alllerdings auch sagen, dass ich in der 300€-Klasse kaum etwas besitze. Entweder günstiger (Spyderco, Benchmade, ZT) oder deutlich teurer (Millit, Ferrum Forge, Lambert, Lightfoot…). Das einzige, womit ich jetzt so spontanvergleichen würde wäre ein Al Mar Sere2000 und ein Mt Lcc. Kommt mir etwas unfair vor, die beiden sind nahezu perfekt.Ansonsten hatte ich nochmal ein Hinderer Spanto und ein SNG auf Durchreise, die ich für ähnliches Geld bekommen habe, Das Hinderer hat schlecht geschnitten und das SNG lag mir nicht gut in der Hand. Dagegen hätte das Böker garnicht so schlecht dagestanden bzgl. Schneideigenschaften und Handlage.Leider löst bei mir Böker dann eben selten dieses klassische „haben wollen“ aus. Beim Burke Hitman hätte es vielleicht klappen können, aber das ist ja ein Böker Plus. Mit Solinger Produktion hätte ich es wohl mal probiert. Trotzdem interessant, mal wieder einen Solinger bespielen zu dürfen!


    Zum zweiten Teil:

    Das Hogue Tomahawk:


    Interessantes Design! Und was macht man mit so einem Teil? Genau, erstmal ne Runde Hacken.

    Dazu habe ich erstmal den Dorn drangeschraubt, damit sieht das Teil doch gleich viel fetziger aus :D


    Lieferumfang:

    Drei Adapter für den Kopf: Hammer, Nageleisen und Dorn. Dazu ein echt interessantes einclippbares Tragesystem mit formschlüssigen Riegel fürs Hawk. Das gefällt mir gut. Die Verpackung an sich ist aber etwas sperrig für meinen Geschmack.

    Zur Klinge:

    Sieht erstmal recht fies aus das Teil. Ist ja keine klassische Form für ein Beil oder Hawk. Flachschliff mit Fase: kann man schon so machen. Viele mögen es wohl ballig, ich habe mir da bisher keine feste Meinung gebildet. Ins Holz beißen tut sie sich auf jeden Fall recht gut. Dafür dass es wahrscheinlich nicht dafür konstruiert wurde sowieso.


    Die Kombination mit den austauschbaren Aufsätzen für die hintere Seite fand ich zunächst interessant. In der Umsetzung konnte es mir allerdings nicht überzeugen, da man bei tiefem eindringen des Kopfes zwangsläufig an dem Aufsatz hängen bleibt. Okay, da kann man jetzt diskutieren wie sinnvoll es ist, mit dem Teil spalten zu wollen, aber ich hätte mir irgendwie gewünscht, dass das Hawk es „trotzdem“ kann.Wenn man dann den Aufsatz abschraubt geht’s. Allerdings ist dann deutlich weniger Masse im Spiel.


    Zum Griff:

    Dieser lag mir sehr gut in der Hand, da gibt’s nichts zu meckern. Griffig, rutschfest, coole Optik. Die „Nase“ am kleinen Finger gibt zusätzlich Halt.In Kombination mit dem geringen Gesamtgewicht hat mir dasHawk vom Handling also gut gefallen.

    Zum hauptsächlichen negativen Punkt des Griffes: Beim vorherigen Testen hatte sich ja bereits eine Schraube verabschiedet. Bei mir haben sich jetzt die hinteren beiden auch noch gelockert. Und Dreifach-Stirnlochschrauben-Tools habe ich zumindest leider nicht standardmäßig zuhause. Doof gelaufen. Zum Glück hat ein Zweifach-Bit gut gepasst.

    Der Gesamteindruck:

    Dadurch, dass das Hogue nicht wie viele Konkurrenten einen kompletten Flacherl hat, finde ich die Gewichtsverteilung und das insgesamt (gefühlt) geringe Gewicht sehr gut. Ohne verschraubten Aufsatz wird es aber für meinen Geschmack sogar etwas zu leicht, da kommt man mit einem Hackmesser teilweise weiter.


    Fazit:

    Cooles Teil, das für mich einen etwas zu geringen Werkzeugcharakter hat. Dass sich zudem die Schrauben sehr schnell gelöst haben, war ebenfalls garnicht so witzig, Oft ist Schraubensicherung ja nervig, in dem Fall aber einfach nur sinnvoll. Das Konzept mit G10 Griff und Stahlkopf gefällt mir aber gut, glaube sowas auch mal bei American Kami gesehen zu haben, das hat echt Potential!


    Vielen Dank, dass ich die beiden Sachen testen durfte, hat mir Spaß gemacht, mal wieder was frisches zu bekommen :)

    Beste Grüße, Alex

  • Eine fantastische Review - vielen Dank für die Mühe!
    Ich habe sie gerade verschlungen und kann mir nun ein perfektes Bild machen.

    Man merkt, dass dies nicht dein erstes Messer in Händen war und deine Erfahrung macht die Sache äußert interessant.

  • Servus Alex,

    ich bin auch grad baff. Zwei tolle Reviews, aussagekräftig, plastisch, kompetent, umfassend. Beim Böker habe ich fast den Eindruck, es selbst in der Hand gehabt zu haben. Wobei mir beileibe nicht so viel ein- und aufgefallen wäre...

    Nichtsdestotrotz: Das Aurora schlägt sich bei Dir in etwa so, wie ich es erwartet hätte. Man bekommt ein ordentliches Messer, ärgert sich aber über die Schwächen, die es noch hat. Immerhin kostet es 300 EUR und ist "Manufakturware". Ich bin da auch indifferent.

    Auf der anderen Seite habe ich mehrere Pferde im Stall, die größere Marotten haben als dieses, über die ich aber gütlich hinwegsehe. Natürlich aufgrund des Habenwill-Effekts, der macht das Leben deutlich leichter...

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • Vielen Dank! Freut mich, dass meine Schilderungen anscheinend verständlich sind :D Manschmal bin ich etwas unsicher, ob die gewählten Formulierungen richtig gewählt sind, aber anscheinend kommt es verständlich rüber :)

    @stilzkin : Ja, inzwischen kennt man so einiges.. das hilft natürlich ungemein. Sowohl für Details, als auch für die Funktionsweise insgesamt :)

    @Eisbaer : Mit einer Portion mehr des besagten "Habenwill-Effekts" könnte ich wohl auch über viele Schwächen hinwegsehen. Habe vor kurzem ein Emerson bekommen... *hust* da muss man schon über brutal viel hinwegsehen *hust* :D Mit etwas mehr Coolness wird es vielleicht ja doch nochmal was. Warten wir mal ab, was da noch kommt :)

    Grüße, Alex

  • Ein tolles Review, sehr interessant zu lesen.

    Deine Erläuterung bzgl. Gewicht und den Aufsätzen vom Hawk bestätigen
    den ersten Eindruck von den Bildern her.

    Viele Grüße
    Fausti

  • Hallo Alex,
    Auch wenn die Bilder umbearbeitet sind, finde ich diese sehr ansprechend ( gutes Auge für Bildausschnitt und Blickwinkel)
    Zum Böker:
    Ich bekomme das Böker nicht aufgeschnipst :)
    Du hast hier eine wirklich sehr Aussagekräftigen und nachvollziehbare Beurteilung, vom Böker geschrieben ( da ist einiges sicherlich aus dem Blickwinkel vom Messermacher)
    Du hast geschrieben, das die Achse sich gelöst hat, hatte die Achsschraube kein Loctite?

    Zum Hogue:
    Auch hier danke für deine Beurteilung!
    Das Konzept finde ich sehr cool und das ein Tomahawk sogar ein wenig Holz hacken kann, ist was besonderes, das ist bei den meisten nicht gegeben....
    Ja, das mit den Schrauben....
    Torx, oder Inbus wären besser für die Griffbefestigung, als eine exotische Achsschraube, oder zu mindestens das passende Werkzeug, sollte dabei sein und wie du schon geschrieben hast, ein wenig Loctite würde vielleicht das Problem lösen.

    Bis auf dieses kleine Problem, finde ich es aber eines der Besten Tomahawk, die ich bis jetzt gesehen habe.

    Grüße Frank
    Ich kann jetzt auch nur vermuten, was ich damit meine ....

  • Hi Frank!
    Beim Böker habe ich die Schraube nur nachgezogen, kann nicht mit Sicherheit sagen, ob da Schraubensicherung drin war oder nicht.
    Beim Hogue war sie es auf jeden Fall nicht.
    Und ja, da muss ich dir Recht geben: Finde ich auch cooler als die meisten Hawks, die ich bisher so gesehen habe. Vorallem wegen der G10-Konstruktion.

    Grüße,
    Alex