Le St. Jacques

  • Liebe Messerfreunde,

    wer von uns hat nicht schon einmal daran gedacht, wie es wäre, den berühmten Jakobsweg quer durch das obere Spanien nach Santiago de Compostela oder einen der vielen anderen Jakobswege zu pilgern? „Um Spiritualität zu leben und Distanz zu nehmen vom Alltag, das Tempo zu verringern, die Sinne zu öffnen, um das wahrzunehmen, was in mir und ausserhalb von mir vor sich geht“ – wie es eine Pilgerin so zutreffend beschreibt.

    Ebenso zahlreich wie die Gründe, den rund 800 Kilometer weiten Camino Francés zu beschreiten, sind die Empfehlungen zu der für eine solche Wanderschaft erforderlichen Ausrüstung. Allen Empfehlungen gemeinsam ist jedoch, dass das Equipment sich auf das absolut Notwendigste zu reduzieren hat und dabei gleichzeitig Schutz vor allen denkbaren Witterungsverhältnissen auch bei Übernachtungen unter freiem Himmel bieten muss. Denn auf einem solch langen Weg zählt jedes zu viel mitgenommene Gramm Gewicht dreifach.

    Knifenuts wie wir es sind stehen in einem solchen Fall naturgemäß vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Welches unserer geliebten Schneidutensilien soll uns auf dieser schwierigen Wanderung begleiten? Ein High-Tech-Tool, um für jede nur denkbare Situation gewappnet zu sein? Oder eher etwas, das der Tradition und der Spiritualität des Weges gerecht wird?

    Schon in frühesten Zeiten nutzten die Pilger auf dem Camino Francés und anderen Jakobswegen die Hilfe eines Esels, um nach Santiago de Compostela oder anderen Zielen zu gelangen. Auf dem Weg dorthin galt ihnen die Jakobsmuschel gleichermaßen als Schutzsymbol wie als Erkennungszeichen, und noch heute dient das Symbol der Jakobsmuschel (eine gelbe Muschel auf meist blauem Grund) als Wegweiser auf den zahlreichen Jakobswegen in ganz Europa.

    Esel und Jakobsmuschel sind gleichzeitig die besonderen Kennzeichen des von mir ausgewählten „Le St. Jacques“, von dem ich Euch gerne ein paar Eindrücke vermitteln möchte:

    Das Le St. Jacques wird von einer kleinen Manufaktur in St-Sauveur-en-Rue hergestellt, gelegen am gleichnamigen Pilgerweg St-Sauveur-en-Rue-Rhone. Es ist ein Slipjoint.

    Mit einer Länge von 21.5 cm (Klinge: 10 cm, Griff 12 cm) ist es kein kleines Messer, und dennoch merkt man sein Gewicht von 85 Gramm kaum.
    Aufgrund der geschwungenen Form des Griffs schmiegt es sich förmlich in die Hand.

    Verwendet werden für die Griffschalen Hölzer, die auch entlang des Jakobsweges zu finden sind. In meinem Fall habe ich Olivenholz gewählt. Erwähnenswert ist, dass die Griffschalen nicht mit Stiften, sondern mit Inbusschrauben am Heft befestigt sind.

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    Die Rückenfeder mit der Jakobsmuschel ist aus einem Stück Stahl geschmiedet.

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    Die Klinge besteht aus 3 mm starkem Sandvik 14C28N, der nach Herstellerangaben eine „ultimative Kombination aus Härte und Rostträgheit“ darstellt.
    Gegenüber dem bekannteren und in französischen Messern häufiger verwendeten Sandvik 12C27 weist er einen minimal höheren Anteil an Kohlenstoff und Chrom auf und beinhaltet mit 0,11 % Niob ein zusätzliches Legierungselement. Es soll, wie man liest, die Zug- und Schlagfestigkeit des 14C28N gegenüber dem 12C27 erhöhen.


    Besonders auffallend ist die schöne Gravur der linken Klingenseite mit dem Kopf des Esels als treuem Begleiter der Pilgerer.


    Das Le St. Jacques wird mit einem rustikalen und hervorragend passendem Etui aus Leder, das ebenfalls ein Eselskopf ziert, geliefert.


    Mein Fazit zu dem Messer:
    Sieht man von kleineren, die Funktion des Messers in keiner Weise berührenden Faktoren bei der Verarbeitung ab, so stellt das Le St. Jacques einen ehrlichen und charaktervollen, für den Jakobsweg geradezu prädestinierten Begleiter dar.


    Beste Grüße
    Axel

  • Danke Sascha, es freut mich, dass dir der Beitrag und das Messer gefallen.
    Ich habe das Messer von Claudia (Messerkontor); meines Wissens die einzige Bezugsquelle in Deutschland.

    Beste Grüße
    Axel

  • Auf dem Jakobsweg war ich 2004 auch schon unterwegs. Also vor Kerkelings „Ich bin dann mal weg“. Alleine war man trotzdem nicht, war schließlich ein heiliges Jahr. Nur 10 Tage hatte ich Zeit, aber für die Compostela hat es gereicht.

    Damals hatte ich ein Victorinox dabei. Das war gut und hilfreich, aber das da hier das hätte Stil gehabt! Du hast eine klasse Vorstellung geschrieben. Erinnerungen werden wach. Es war eine schöne Reise.

    Der Esel gefällt mir besonders. Ich mag Esel, bin manchmal selber einer. Esel haben Charakter. Es sind keine Fluchttiere, sondern sie stellen sich entschieden der Situation.

    Das Messer gefällt mir!

    Gruß

    The Lem

  • Schöne Geschichte, schöne Bilder, schönes Messer. Da möchte man gleich starten oder besser, gleich die Brotzeiten machen, Käse, Baguette. Also, wann pilgerst du los?
    Viel Freude mit dem Messer und danke für den Bericht.
    Burghard

  • @ The Lem

    Ganz besonderen Dank für die emphatische Replik auf meinen Beitrag; auch mir gefällt der Esel besonders. Fälschlicherweise wird dessen Charakter manchmal mit Starrköpfigkeit verwechselt. Die Welttierschutzgesellschaft e.V. sagt dazu:

    "Edelmut gehört zu seinen größten Stärken. Als loyaler Partner führt er die ihm auferlegten Dienste zuverlässig und treu aus. Wittert er eine Bedrohung, so wägt er – klug und mit Bedacht – zunächst die Lage ab und stellt sich, wenn nötig, furchtlos jeder Gefahr. Dabei riskiert er seine Haut auch mal für andere. Er liebt geselliges Beisammensein und teilt gern mit anderen."

    @ Burghard

    Auch Dir ganz herzlichen Dank für das Lob. Gedanklich bin ich schon länger auf dem Weg. Spätestens zu meinem 60., also in 3 Jahren, wird er Realität.


    Beste Grüße
    Axel

  • Axel, da wünsche ich Dir eine beschauliche und entspannende Wanderung.
    Das richtige Messer ( das ich sehr schön finde), das hast Du ja schon.
    Und das mit dem Esel - das werden meine BEVA und ich demnächst vor den Toren
    von Hamburg probieren - einen Tag wandern mit einem Esel, ich bin gespannt..

    Gruß Andree

  • Tolle Vorstellung von einem schönen Messer, Axel!

    Die Jakobsmuschel setzt einen feinen Akzent an dieses wunderbar schlichte Messer, das Olivenholz ist dazu sehr passend.... sieht gut aus!
    Da ich Esel sehr mag, freue ich mich immer wenn ich einen sehen, sei es nur als Gravur oder Schlagstempel auf einer Messerklinge oder Punzierung auf einer Scheide.
    Schade, dass diese freundlichen Tiere hier so selten zu sehen sind...

    Danke fürs Zeigen und viel Spaß damit!

    Gruß Gerd

    ... und immer einen ungeschälten Apfel in der Tasche! :thumbup:

  • Servus Axel,

    vielen Dank für diese tolle Vorstellung dieses wunderbaren Messers. Wir teilen offenbar das Faible für diese Art von Messer, die ich - mangels besserer Begrifflichkeit (vielleicht kann da ja jemand helfen) - immer etwas unschön als "im weitesten Sinne aus dem westlichen Mittelmeerraum stammend" bezeichne. Südfrankreich, Spanien, Italien, alles ganz ähnlich. Hier prägt natürlich die Tradition und das Lokalkolorit des Jakobsweges mit Muschel und Esel zusätzlich.

    Mein Lieblingslieferant Claude Dozorme, bei dem ich öfters stöbere, interpretiert sein Jakobsweg-Messer als Liner-Lock-Capucin, auch mit Muschel, aber nicht so kunstvoll arrangiert. Er verwendet auch verschraubte Griffschalen, wie z.B. auch Robert David bei seinem L'Epicurien (das für mich wunderbar die Tradition mit der Moderne verbindet). Dementsprechend finde ich es auch bemerkenswert, dass hier gewissermaßen ein "High-Tech-Stahl" zum Einsatz kommt, Legierungen mit Niob sind ja bei Messern nicht gerade alltäglich.

    Ich wünsche allzeit viel Spaß mit diesem Messer und mit den vielen Assoziationen, die sich damit verknüpfen, jedes mal, wenn Du es in die Hand nimmst.

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • @ Andree, Gerd und Marc: Vielen Dank für Eure sehr netten Antworten und besten Dank auch an alle anderen für die "Thumbs Up".


    BEVA und ich demnächst vor den Toren
    von Hamburg probieren - einen Tag wandern mit einem Esel, ich bin gespannt..

    Andree, sind das die Wanderungen, welche "Die Eselei"? anbietet? Das hört sich wunderschön an, einfach herrlich. Bitte unbedingt kurz berichten :thumbup:


    oder Schlagstempel auf einer Messerklinge

    Stimmt, Gerd, ich Nachhinein denke ich eher, dass die Klinge nicht graviert worden ist und der Schriftzug sowie das Konterfei des Esels eher von einem Schlagstempel stammt. Dafür spricht auch, dass die Stärke/Tiefe der jeweiligen - ich sage mal: Prägungen - von Klinge zu Klinge unterschiedlich ist.


    Wir teilen offenbar das Faible für diese Art von Messer

    Ja, das ist richtig, lieber Marc, und ich vermute, dass unsere gemeinsame Begeisterung für die "im weitestens Sinne aus dem westlichen Mittelmeerraum stammenden" Messer (eine treffendere Bezeichnung fällt mir auch nicht ein) in deren grundsätzlicher Urtümlichkeit und Unverfälschtheit gründet. Pure, ehrliche und die Tradition wahrende Messer. Manchmal darf´s dann auch ruhig ein kleines, zusätzliches Schmankerl sein, wie z.B. ein zusätzlicher Klingen (besser: Schneiden-)schutz, verschraubte Griffschalen oder eine besondere Legierung, um - wie Du so zutreffend sagst - die "Tradition mit der Moderne zu verbinden".

    Beste Grüße
    Axel

  • Servus Axel,

    Du hättest es nicht besser formulieren können. Und ich wundere mich immer noch, wie ich als alter Taktiker auf einmal Gefallen an diesen Messern finden konnte. Aber es ist eben genau diese Ehrlichkeit.

    Wahrhaftigkeit fiele mir als Begriff auch ein, ist aber vielleicht etwas zu viel des Guten.

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • Hallo Axel,

    wieder eine extrem schöne Review über ein Messer mit Charakter.
    Man merkt sofort Deine Mühe, die Du Dir gemacht hast, um uns das gute Stück nahe zu bringen.

    Traumhafte Vorstellung - vielen Dank!

  • Axel, da hast Du voll ins Schwarze getroffen.
    Meine BEVA wird einen Esel an der Hand führen und ihren persönlichen Esel voraus schicken.
    Also ich, wohl als Leithammel - wie auch immer..
    Ich werde auf alle Fälle berichten, wie einer der (echten) Esel sich macht ;)

    Gruß Andree

  • Lieber Axel,
    vielen Dank für die schöne Vorstellung, ich freue mich immer darüber, wenn auch die "verborgenen" Schätze Anklang finden :)
    Liebe Grüße Claudia