Servus,
Spyderco Tropen, ein Bürgerschreck.....
in der Regel stehe ich ja eher auf dezente und sozialverträgliche Messer. Diesen Bürgerschreck zu kaufen war ein reiner Impuls. Geöffnet lässt er unbedarfte durch sein Design und seine Größe erschaudern. Geschlossen erkennt der geneigte Messerfreak wie durchdacht hier Form, Design und Mechanik in exzellenter Verarbeitungsqualität auf einen Nenner gebracht wurden.
Spyderco/Javier Vogt haben da ziemlich viel reingepackt, eigentlich alles was in DE verboten ist und dem Folder gleich drei Öffnungsmechanismen spendiert. Kann man alles nachlesen und wer noch keinen Compression-Lock bedient hat, sollte das tunlichst nachholen. Auch die Flipperei ist schwer zu toppen, da braucht’s keine Federunterstützung um aus dem Heft zu flutschen. Die Klinge lagert auf "Bearingball washern" und flippert unglaublich weich und geschmeidig aus dem Heft. Dieser Folder befriedigt Spieltrieb auf einmalige Weise. Die Verarbeitung ist wie vom Werk in Taichung gewohnt, erstklassig, trotzdem setzen die polierten G10 Schalen noch Einen oben drauf.
Ich habe den Folder nach dem Kauf ins Ultraschalbad gelegt, um jeden noch so kleinen Abrieb zu lösen und auszuschwemmen. Viel an Verschmutzung hat sich nicht gelöst, dass spricht für eine sehr saubere Fertigung und Endkontrolle. Einzig das Achsschräublein wirkt ein wenig unterdimensioniert. Zerlegen wollte ich es nicht, weil alles so sauber funktioniert. Wenn eine Grundreinigung mal von Nöten ist, hole ich das nach und mache ein paar Bilder.
Ein Coil muss ja sein, hier eben zu 100% im Heft. Die speziellen Washer schimmern gülden, wenn man vorne reinschaut, die Klinge steht mittig im Heft, kein Klingenspiel. Interessant ist, das der Emersonhaken auch als half-stop bei 90° dient. Der schlägt nämlich an den Zeigefinger der den Lock zum Öffnen drückt und verhindert, das die Klinge in einem Zug im Heft verschwindet. F&F ist gewohnt sauber, da gibts nicht zu klagen. Das Hole ist kleiner als der übliche Standard bei dieser Klingenlänge, dass Design hat keine größeren Durchmesser zugelassen, öffnen lässt sich das Messer damit dennoch. Für mich ist das Flippen der zentrale Opener, die anderen Möglichkeiten sehe ich als Beigabe. Kann man natürlich auch anders sehen.
Der Emerson-Haken dient auch als Ablage für den Daumen, da lässt sich gut Druck aufbauen. Den Haken habe ich gedanklich gleich zu Beginn abgeschliffen und so mehr Harmonie an die Oberseite des Messer zu bringen. Das mag sogar recht nett ausschauen, aber zwei Funktionen sind dann futsch. Ich habe keine Daumenauflage mehr, sondern optisch eine Schleifkerbenoptik an der Klingenoberseite und die Öffnungsfunktion durch den Haken beim Ziehen aus der Hose ist nicht mehr. Da finde ich das optisch zu kleine Hole als die unnötigste der drei Öffnungsmöglichkeiten.
Das polierte G10 ist wirklich eine Augenweide und haptisch angenehm aber funktionell zu glatt. Das Messer erzeugt keinen Moment ein griffiges und sicheres Gefühl, wenn es nicht wie auf dem Bild gegriffen wird.
Der Clip wurde augenscheinlich nicht ins Messerdesign integriert, sondern aus dem Regal genommen und dran geschraubt und so schaut das auch aus.
Das dieses Spyderco polarisieren wird war mir vom ersten Anblick an völlig klar. Hier bestimmen der Haken und der Flipperfortsatz die Messermitte, da kommt man im/mit Design nicht an der Funktion vorbei.
Hier die Specs; ( Quelle Selected Knives )
Klingenlänge: 10,2 cm
Klingenstärke: 3,5 mm
Gesamtlänge: 23,2 cm
Klingenstahl: CPM S30V
Gewicht: 119 g
Jetzt dürfen wir gespannt bleiben, wie sich das verkauft und ob es im Portfolio bleiben wird und kommendes Jahr als leichte FRN-Version oder mit anderen Schalen wieder auftaucht. Glauben tue ich es nicht, da ich den Auftritt ziemlich exotisch finde und an eine Massentauglichkeit nicht glaube, aber was weiß ich schon.
Wenn ich mal wieder eine Schleifsession mache und Mikro, Schleifzeugs und Notebook aufbaue, dann liefere ich noch Bilder zum Schliff nach, aber makroskopisch schau das sehr ordentlich aus und die letzten Spyderco’s die ich unter dem Mikro hatte waren alle gut geschliffen. Das es ein Flachschliff mit V-Fase ist, sieht man eh.
Was sich halt immer empfiehlt, ist das entfernen der meist groben Riefen an der Schneidfase die oft bis in die Schneidenspitze reichen und dort zwar für ein bissige „Säge“ sorgen, die aber gleichzeitig der Nährboden für Mikroausbrüche sein kann. Wer den Bereich an und um die Schneidespitze mit höher Progression verfeinert, bekommt eine geschlossene Schneide, die deutlich resistenter gegen Mikroausbrüche oder gröbere Schäden ist.
Als Beispiel darf ich eine kollabierte SB1 Schneide zeigen, die durch einen seitlichen Overgrind und groben Bandschliff eingebrochen ist.
Zuerst die plastischen Verformungen:
Dann die Ursache für Mikrochip und seitlichen Overgrind:
Und hier die kollabierte Schneide durch seitlichen Overgrind: Man sieht, dass versucht wurde mit feinerer Körnung die Schneide zu glätten. Erst unter dem Mikro ist der Schaden als solcher erkennbar und man kann weitere Folgeschäden verhindern in dem man die Defektschicht entfernt.
Hier das reparierte Ergebnis bis 5k (5000 Grit) geschärft: Die Schneidenspitze ist deutlich feiner geworden, aber auch mit 5k noch nicht völlig geschlossen.
Die Mikrobilder dienen zum besseren Verständnis meiner Beschreibungen wie Schneidfasen beschaffen sind, die maschinell geschliffen werden.
Die Watendicke vom Tropen hab ich nicht gemessen, wird aber wie üblich über 0,50mm liegen. Ist mir bei dem Messer nicht so wichtig, ist ja nur zum Spielen und Bürger erschrecken gedacht.
Danke für’s lesen.
Gruß,cato