Servus,
in einem anderen Thread bin ich gefragt worden womit ich schleife/schärfe. Zunächst mal ist das Schleifen/Schärfen eines Messers für mich mehr ein notwendiges Übel, als ein Hobby oder gar eine Leidenschaft. Selbst Natursteine reizen mich nicht wirklich. Mir geht es auch nicht um's Haarespalten sondern um eine technisch sauber aufgebaute und angeschliffene Schneide. Dazu muss man sehen was man macht und da kommt dann ein Lichtmikroskop mit 200facher Vergrößerung ins Spiel. Erst wenn man sieht wie eine Schneide beschaffen ist ( frisch aus der Box oder schon mal geschärft ) kann man beurteilen ob, oder was zu tun ist und eine Manipulation überhaupt nötig oder vielleicht sogar zwingend ist, um Folgeschäden zu vermeiden/verhindern .
Wer von jedem Messer das er bekommt zu allererst die Schneide inspiziert, sieht nach vielen Messern die oft bittere Realität. Die meisten Messer bekommen einen Bandschliff, wenige Messermacher formen damit nur die Geometrie einer Klinge und wechseln nach dem Bandschliff auf schonenden Wasserstein in Progression um die Defektschicht vom Band an der Schneidespitze zu entfernen. Einige top Macher gibt es schon, die von Hand den finalen Schliff setzen, Xerxes-Knives, Moosschmiede, Brian Raquin, Kamon-Knives und WundererAmEisen um nur einige aus Deutschland, Österreich und Frankreich zu nennen. Da hat man ein Lächeln im Gesicht, wenn man die Schneiden mit dem Mikro begutachtet. Defektschichten gibt es da nicht, es kann nur sein, dass man persönlich einen anderen Schneidenwinkel bevorzugt, oder eine höhere Progression, dann schleift man um. Man kann aber risikofrei sofort das Messer voll belasten und wird keinen Ärger bekommen.
Ein Bandschliff birgt viele Risiken wenn man damit final schärft.Er hinterlässt je nach Bandabnützung und Körnung fransige Facetten bis in die Schneidenspitze. Wer das Messer von Hand führt schleift „wellen“ unterschiedlicher Materialdicke in die Schneidfacette und es kommt zu einem seitlichen Overgrind, der die Schneide an diesen Stellen bei Belastung kollabieren lässt.
Schleifbrand durch mangelhafte oder nur nach „Gefühl“ beurteilte Kühlung, erzeugt enorme Spannungen im Material, im speziellen bei hoch gehärteten Klingen. Wer verwendet schon eine Minimalmengenschmierung mit schnell flüchtigem synthetischen Fettester um die Reibung beim Schleifen zu reduzieren und gleichzeitig durch den Luftstrom und die Verdunstungskälte die Wärme in der Klinge zu reduzieren und dadurch auch die Lebensdauer der Bänder zu steigern. Wie oft sehen wir die Hände als Hitzefühler und einen Wasserkübel neben der Schleifmaschine. Selbst Bark River verpassen mit dieser Methode ihren Messern den berühmten balligen Schliff.
So richtig versteht man erst den Zusammenhang von Schleifmethodik, Schleifwinkel und Progression, wenn man sich die Seilschnittwettbewerbe in Russland anschaut. In russischen Foren werden PM-Stahlmesser auf solche Wettbewerbe akribisch vorbereitet und da muss, eine korrekte WB immer vorausgesetzt, eine technisch korrekt manipulierte Schneide vorliegen, die ihre Schärfe und vor allem ihre Schneidkantenstabilität so lange als möglich hält, bevor die Schneidenspitze versagt. Da dürfen nicht die geringsten Mängel an der Schneide sein, um ein frühzeitiges kollabieren zu vermeiden. Sind halt Wettkämpfe.
Hier ein Manufakturschliff frisch aus der Box von einem Sakai Yusuke-Laser um 360,- Euro Neupreis:
Lässt man die Finger vom Bandschliff, bzw entfernt man die Defektschicht bevor man seine Messer einsetzt, dann macht man das in der Regel auf Wassersteinen von Hand. Hier ist es auch mit jahrelanger Erfahrung sehr schwer den richtigen Schleifwinkel zu treffen und beizubehalten. Das mag bei einem Grundschliff mit 1k und einem Feinschliff mit 5k gerade noch klappen, zwei mal genau den Winkel und die Facette zu treffen und beidseitig bis zur Schneidenspitze durchschleifen, aber spätestens ab dem dritte Stein zeigt die Schneidfase unter dem Mikro verschiedene Facetten weil der Schliff verwackelt ist. Von Winkelfehlern bei gebogenen Radien will ich gar nicht anfangen.
Das war nach vielem Mitlesen, nachfragen und ausprobieren der Grund, warum ich mich für ein winkelstabiles Schleifsystem von Bogdan Manko entschieden habe. Das Besondere daran ist die Kompatibilität mit allen am Markt erhältlichen Schleifsteinen, egal ob synthetisch oder Natur. Die Fixierung durch Klemme oder Magnet und die Druckkontrolle, die das Eigengewicht des Messers und der führenden Hände fast völlig aufhebt um feinste Schneidenspitzen ohne Druck und somit ohne plastische Verformung der wenige Mikron dicken Schneidkante ermöglicht. Selbst wenn man das System nicht ausreizt, ist mit wenig Übung jederzeit eine präzise Schneidfase in jedem gewünschtem Schleifwinkel möglich.
Dieses Schleifsystem gibt es in verschiedenen Ausführungen und wird in Kleinserie/Heimarbeit von einem serbisch/ukrainischen Pensionisten gefertigt, der sich vor allem in der russischen Schleifszene ( Wettkämpfe im Seile schneiden mit ultraharten PM Stählen HAP40/HAP72 ) einen Namen gemacht hat. Diese Schleifsysteme erlauben einen gradgenauen Schliff und sind durch eine effektive Druckkontrolle auch für dünnste Schneiden geeignet. In russischen Shop‘s kann man verschiedene Systeme kaufen, oder bei Manko selbst bestellen. Leider klappt das nicht mit zwei Klicks, weil es eine größere Sprachbarriere gibt, über die man drüber muss. Ohne Google-Translate geht da nix, außer man spricht serbisch/russisch/ukrainisch. Bezahlt wird per Paypal und Bogdan ist meines Wissens ein seriöser Mann. Nur sind eben die Details der Bestellung nicht so einfach klarzumachen. Ich hatte das große Glück über eine Sammelbestellung die gesamte Abwicklung Outsourcen zu können und es hat alles reibungslos geklappt. So war es nicht bei allen, aber das ist einen andere Geschichte.
Man sollte wissen, dass dieses System ständig verbessert wird, also kaum eines dem Nächsten gleicht. Dazu kommt, dass die Ausführung der Bauteile mechanisch zweckmäßig sind und von den Oberflächen und der Materialanmutung jetzt nicht nach einem Industrieprodukt ausschauen, sondern mehr wie eine Bastelarbeit. Viele User „verbessern“ sich das System mit neuen Teilen oder kleinen Abänderungen um es zu Individualisieren. Ich habe mir bei meinem Bogdan-Robust eine neue, größere Grundplatte gegönnt um eine plane Fläche zu haben und mehr Stabilität bei voll ausgeschwenktem Arm. Dann habe ich mir von einem Forumskollegen einen Doppelmagneten mit Anschlag machen lassen und die Federvorspannung durch eine Federklemme ergänzt.
Hier drei "Kräne" im Vergleich
Empfehlen kann man dieses System nur jemanden der entweder sehr bewandert im Schleifen/Schärfen ist und seine Fähigkeiten noch verbessern und die Ergebnisse noch bis zum Maximal machbaren ausreizen möchte, oder mit freier Hand zwar passable Ergebnisse einfährt, mit Führung aber dann zu top Ergebnissen kommt, die er von Hand so nicht erreicht hätte. Hier kommt es dann zu technisch exzellenten Schneiden, die deutlich schneidkantenstabiler werden und spürbar längere Standzeiten erreichen. Wenn es jemanden um die max, Schärfe geht, so lässt sich diese bei passendem Schleifzeug bis zum Haarespalten bringen, wo sich ein Haar nur durch sein Eigengewicht beim über die Schneidenspitze gleiten verfängt und spaltet oder kappt.
Natürlich bedarf es etwas Übung und praktische Erfahrung um das Schleifsystem ausreizen zu können, aber ich bringe heute alle meine Messer mühelos zum Rasieren der Arm und Beinhaare in beide Wuchsrichtungen und schneide ansatzlos Wellen in Zeitungspapier. Meine Progression endet meist bei 5k, würde ich noch mehr Schärfe wollen, dann müsste ich nur die Progression erhöhen. Jetzt limitiert nur mehr das Schleifzeug das Ergebnis, aber nicht mehr mein mangelndes Können oder der Stahl selbst.
Das dieses Ziel die Wenigsten verfolgen und Sammler meistens gar nicht, weil sie eben Sammeln und nicht Schneidenspitzen studieren wollen, ist völlig klar und soll hier bitte nicht falsch verstanden werden. Ich wollte da aus Neugier mit dabei sein und hab mich anfixen lassen. Es gibt auch Leute die haben ihren Bogdan wieder verkauft, weil ihnen das Prozedere am Wecker gegangen ist und die schleifen wieder Freihand. Andere haben sich das große System nachgebaut und das Original dabei übertroffen, da hat sich anderorts viel getan.
Hier ein noch besserer Nachbau:
Eine große experimentierfreudige Gruppe hat sich hochgepusht und Dinge ausprobiert, die frech der reinen Lehre widersprochen hat und dennoch funktioniert.
Nun zum System selbst, in meinem Fall ein Bogdan-Robust.....
Hier in Betrieb.....
Auslieferung und Einzelteile.....
Im Einsatz....
Gruß, cato