Spanien ist sicher nicht das gelobte Land der Outdoor- und Messerfans. Stattdessen bietet das ehemalige Kalifat Al-Andalus im Süden Kultur, Lebensart und einzigartige Architektur im Weltmaßstab. Und die Welt ist zu Gast - wir auch.
Also Kultur- und Städtereise. Zwei eigene Messer dabei, klar, kein vorauseilender Verzicht. Ausprobieren, mal schauen.... Meine „Bewaffnung“ entspricht hinsichtlich Typ und Klingengröße dem Gesetz der Zentralregierung. Ein Restrisiko bleibt, Provinzen können verschärfende Regeln beschließen, undurchsichtig für Reisende. Also etwa das, was auch bei uns einige Politiker vorhaben. Und wie sieht die Realität aus?
Spanien hat ja selbst eine ausgeprägte Schwert- und Messertradition mit Toledo oder Albacete. So finden sich direkt vor der Kathedrale von Granada einige gut frequentierte Shops mit schnittigen Stahlwaren.
Polizei ist in den Städten gut sichtbar vertreten, hätte die Käufe mit Hinweis „Menschenansammlungen“ gleich abkassieren können. Passierte aber nicht.
Abwechselnd hatte ich meinen Attila-Folder oder mein feines, kleines „City-Knife“ von M. Maresch dabei. Ist eine Bodega nun ein „öffentlicher Raum“? Jedenfalls störte sich niemand an dem schrulligen Typ, der seine Tapas mit seinem eigenen Messer zerlegte.
Mutiger geworden, wollte ich die Köstlichkeit des Jamon Iberico Bellota nun nicht nur speisen, sondern direkt von der Keule portionieren. Kein Problem. In Arcos machte der Koch, „beautiful knife“, gleich die Fotos meiner Aktion.
Später kam der Chef hinzu, „sehr schönes Messer“, unterhielt sich in deutsch mit mir, sprach vom Verbot. Landes-, Provinzrecht oder öffentlicher Ort....?, keine Ahnung. Sein Angebot: Speisen und Getränke gratis, wir könnten so gehen..., nur das „gefährdete“ Messer sollte ich besser dort lassen Ich zahlte lieber, er spendierte noch einen köstlichen Vino rojo. Nicht mehr überraschend: Messer können auch nette Beziehungen schaffen. (Sollte jemand von Euch in die Weiße Stadt Arcos d.l. Frontera kommen, schaut in der Taberna Jovenes Flamencos vorbei und grüßt Chef Gerardo vom Aleman mit seinem eigenen Jamon-Messer!)
Orte und öffentliche Gebäude mit Menschenansammlungen sind allgemein kritisch für Messerträger. Sehenswürdigkeiten dürften dazugehören. In der berühmten Alhambra hätte ich Filzung des Gepäcks erwartet und ließ das Messer im Hotel. Nichts! Im Alcazar von Sevilla hatte ich leichtsinnigerweise sogar das Fixed von Mathias dabei - und bekam Muffensausen. Sicherheitscheck wie im Flughafen: Messer werden kassiert...., können jedoch nach Ende der Besichtigung wieder abgeholt werden. Ich hatte mit meinem Damaszener sicher den Pokal gewonnen. Der Wachmann rückte es erst nach eingehender Bewunderung „beautiful“ wieder heraus. Es gab auch keinen anschließenden polizeilichen Zugriff, möglicherweise sehe ich ja so harmlos aus wie ich bin
Stereotypen zur Landeskunde sind immer schön: Die Gitarre, das spanischste aller Musikinstrumente ist ein Erbe der Mauren; der Flamenco dürfte von flämischen Zigeunern stammen; die leidenschaftliche „Carmen“ ist zwar aus Sevillia, aber aus der Feder von Franzosen. Was ist also typisch heißblütig Spanisch? Die Corrida, der Stierkampf!
Hemingway hat ihn beschrieben: „Der ganze Stierkampf basiert auf der Tapferkeit des Stiers, seiner Einfalt und seinem Mangel an Erfahrung.“ In der Plaza von Ronda war Hemingway auch. Abends war jetzt nicht mehr viel los, selten genug.
Mir juckte das Fell. In dieser blutgetränkten Arena musste ich meinen Folder von Attila repräsentativ ablichten, fand diese passend geschmückte Schutzwand für flüchtende Akteure.
Um mit Hemingway fortzufahren....
„Erfahrung hat nur der Mann, der mit der Capa oder der Muleta zu Fuß auf den Kampfstier losgeht. Der Stier bringt lediglich die Kraft in die Arena mit und hat ca. 15 Minuten Zeit zum Erfahrung sammeln. Danach ist er tot.“
Und dann? Landet ein vorderer Teil von ihm als Deko an den Wänden einer Bodega, der hintere als „Rabo del Toro“ (Ochsenschwanz) auf dem Speiseteller, und Attilas Messer zeigt sich wieder überlegen....
Messer-Resüme eines mit südlichen Gebräuchen vertrauten Freundes: Verboten ist vieles, aber wenn du dich ordentlich benimmst, interessiert das niemanden! In diesem Sinn.....nicht kleinkriegen lassen.
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Burghard