Das Viper Key by Technocut - ein Slipjoint, das zu gefallen weiß

  • Liebe Messerbegeisterte,

    heute möchte ich Euch an der dafür korrekter Weise vorgesehenen Stelle ein kleines Messer vorstellen, das es mir sehr angetan hat: Das Viper Key.

    Es wird in Italien von der Fa. Technocut mit Sitz in Maniago produziert und wurde erstmals auf der Shot Show 2019 präsentiert.
    Das Design stammt erneut von Jesper Voxnaes (Hallo Marc :) ), einem dänischen Messermacher, der bereits z.B. das Viper Koi oder das Viper Kyomi entworfen hat.

    Das Key ist unverkennbar ein Gentleman-Folder. Gleichzeitig ist es das erste von Technocut produzierte Slipjoint. Da es nicht über einen Clip verfügt, wird es serienmäßig mit einem braunen, sehr gut passenden und qualitativ guten Lederetui ausgeliefert:



    Die 3mm starke und 76mm lange, satinierte Klinge besteht aus dem pulvermetallurgischen, hochlegierten Böhler M390 Microclean, dessen Härte laut Technocut im Bereich zwischen 60 und 61 HRC liegt. In diesem Härtebereich erzielt der M390 laut Böhler das Maximum an Verschleißfestigkeit.
    Das Finish der Klinge ist satiniert und ebenso wie der Schliff der Klinge sehr gut ausgeführt. Dieser ist auf beiden Seiten absolut gleichmäßig und beidseitig symmetrisch.
    Die Schärfe ist außerordentlich gut. Nichts, was ziepen oder reißen würde.

    Die Klinge öffnet und schließt über einen satt rastenden und deutlich klickenden Half-Stop. Geöffnet sitzt sie dank der relativ hohen Spannung der Feder für ein Slipjoint wunderbar fest.
    Gelagert ist sie zwischen Washern aus Bronze. Das Öffnen der Klinge selbst funktioniert infolge der hohen Federspannung etwas schwer und nur unter Zuhilfenahme des Nagelhaus.
    Klingenspiel kennt das Key nicht. Die Klinge sitzt im geschlossenen Zustand zentriert im Heft:

    bladecommunity.de/attachment/113883/

    Klingenrücken und Feder sind gleichmäßig abgerundet, was dem Key nochmals einen eleganten Touch verleiht. Das Filework der Rückenfeder – sie besteht aus gehärtetem 1.4034 - ist laut Technocut von Hand gemacht, sieht jedoch eher maschinell gefertigt aus.
    Dennoch fügt es sich sehr schön ins Bild der nach oben hin abgerundeten Feder und des nach oben hin abgerundeten Rückens der Klinge.
    Am Ende der Feder hin zum Anfang des Klingenrückens befindet sich eine kleine Riffelung (Jimping), die jedoch ebenso gerundet und eher kosmetischer Natur ist. Einen wirklichen zusätzlichen Halt findet der Daumen darauf nicht.

    Hinweis: Die Klingenlänge wird von Technocut mit 76mm angegeben. Nachgemessen liegt sie bei etwa 82mm. Die 76mm beziehen sich auf den geschliffenen Teil der Klinge. Das Key verfügt demnach über ein sehr gutes Verhältnis von Klingenlänge zur Länge des Messers im geschlossenen Zustand, das rd. 0,8 beträgt.

    Geschlossen misst das Key gerade mal etwa 103mm. An seiner dicksten Stelle über die Achsschrauben gemessen ist der Griff etwa 10mm stark. Sein Gewicht liegt bei 75 Gramm, die Gesamtlänge des Messer beträgt 185mm.

    Das Key ist in verschiedenen Griffmaterialien zu erhalten und in Varianten mit und ohne Titan-Bolster. Ich habe mich für die einfachere Variante ohne Bolster und mit Schalen aus Natural Canvas Micarta entschieden. Diese werden durch zwei Schrauben (Torx) im hinteren Griffbereich auf sehr dünnen Linern aus Stahl fixiert und im vorderen Bereich durch die Achsschraube (ebenfalls Torx) gehalten. Sehr angenehm fällt hierbei auf, dass die beiden hinteren Befestigungsschrauben nicht durch die Stahlliner hindurchgehen; sie sind also auf der Innenseite der Liner nicht zu sehen.

    Haptisch und optisch sind die CNC-gefrästen Micarta-Schalen ein Genuss. Die Oberfläche fühlt sich leicht rau an. Das gibt einen prima Halt. Im gut möglichen 4-Finger-Griff liegt das Key nahezu perfekt in der Hand, lediglich der Schwerpunkt des Messers könnte etwas weiter vorne zur Klinge hin liegen.

    Insgesamt mutet das Key sehr harmonisch abgestimmt und qualitativ hochwertig an.
    Es entspricht in jeder Hinsicht meinen Erwartungen an ein Messer in dieser Preisklasse.

    Kritikpunkte? Hierzu fallen mir allenfalls die Schraubenköpfe ein, welche die Micartaschalen fixieren und die etwas flacher sein könnten:

    Das ist aber Jammern auf gehobenem Niveau.
    In der Verarbeitungsqualität muss das Key einen Vergleich zu Messern in seiner Liga, etwa zum Benchmade 318/319, nicht scheuen. Hierzu ein paar Bilder im direkten Vergleich:

    Das Key sieht darüber hinaus sehr schick aus, aber Designfragen sind letztlich immer Geschmacksache. Ganz objektiv gesehen ist es ein kleineres, leichtes und (hoffentlich noch lange) gesetzeskonformes Taschenmesser zum Immer-dabei-haben, das – wie mittlerweile viele seiner Artgenossen aus Maniago – über einen sehr hochwertigen Klingenstahl verfügt.

    Was die Vielzahl der möglichen Varianten an Griffmaterialien (G10, Micarta, Carbonfiber, Titan) noch interessanter machen könnte, das wäre die eine oder andere Variante aus Holz.
    Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

    Ich bedanke mich für Euer Interesse!
    Axel

  • @tarrot Vielen Dank für dieses Review! Du hast Dir mal wieder sehr viel Mühe gemacht. Das schöne Messer ist es allemal wert näher betrachtet zu werden.

    Eine Frage noch, hoffentlich nerve ich Dich damit nicht, ist es an der Schneide schön dünn ausgeschliffen?

    Den Bildern nach schaut es danach aus.

    Gruß

    The Lem

  • Eine Frage noch, hoffentlich nerve ich Dich damit nicht, ist es an der Schneide schön dünn ausgeschliffen?

    @The Lem: Keinesfalls nervst Du mit der Frage, im Gegenteil. Ich werde gerne noch nachmessen, wie dünn die Schneide im Bereich der Wate ist. Bitte gib mir hierfür nur ein wenig Zeit, heute schaffe ich es nicht mehr.
    Hier aber schon einmal ein Bild, das den Schliff recht gut zeigt:

    Beste Grüße
    Axel

  • Hi Axel,

    sehr schöner Bericht von einem tollen Slipjoint, gefällt mir auch sehr gut . Kannst du noch eine Bezugsquelle nennen wo es die versch. Modelle zum kaufen gibt ,habe nicht gefunden

    Gruß Thomas

  • Servus Axel,

    vielen Dank, ein ausgezeichnetes Review von diesem sehr schönen Messer. Tolle Form (Vox halt, gell...), schöne Balance aus Alt und Neu. Die Klingenwurzel ist versteckt, die Rückenfeder eine Schau, das Gewicht absolut im Rahmen, der High-Tech-Stahl ... was will man da meckern? Und für das Gebotene scheint doch auch der Preis gerechtfertigt zu sein.

    Tja. Wenn da nur dieser klassisch geformte Nagelhau nicht wäre, mein altes Leiden! Schnief... :cray:

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.

  • Grüß Dich Marc,

    vielen Dank für das Lob; freut mich, dass das Key Dir gefällt. In den wenigsten mir bekannten Fällen (außer bei den Messern von Attila :D ) hat imho der Nagelhau tatsächlich noch seine Berechtigung als Öffnungshilfe, dennoch wird er ärgerlicherweise in gefühlt 99% der Fälle noch verbaut. Beim Key ist es anders. Ohne bekommst du das Messer nicht geöffnet, da die Feder recht stramm ist und die Klinge nur minimal aus dem Heft rausschaut.

    Beste Grüße
    Axel

  • Moin Axel,

    Danke für Deinen tollen und informativen Bericht!
    Auch wenn mich Serienmesser (und dann auch noch ohne C-Stahl) kaum noch ansprechen, dieses Messer hat eine tolle Linie! Im Vergleich zum Benchmade gefällt mir auch der volle Flachschliff ob der Nutzbarkeit deutlich besser.

    Tolles Messer zu einem angemessen Preis!

    Gruß,

    Nick

  • Danke für den netten Kommentar, Nick!

    Im Vergleich zum Benchmade gefällt mir auch der volle Flachschliff ob der Nutzbarkeit deutlich besser.

    Kommt hinzu, dass das Benchmade nachgemessen 0,5 mm oberhalb der Wate und


    ist es an der Schneide schön dünn ausgeschliffen?

    das Key 0,43 mm oberhalb der Wate hat :thumbup:

    Beste Grüße
    Axel

  • Hallo Axel,

    aus der Kurzreview ist ja ein gigantischer Bericht mit opulenten Fotos geworden. Ich bin geplättet! :greenshocked:
    Damit hilfst Du vor allem bei uns in Deutschland sicher vielen Interessierten, die ein feines, tragelegales, wertiges und doch bezahlbares Messer für immer dabei suchen.


    einem dänischen Messermacher, der bereits z.B. das Viper Koi oder das Viper Kyomi entworfen hat.

    .... das Viper Odino nicht zu vergessen .... :greenwink:

    Die satinierte und oben am Rücken abgerundete Klinge kommt bei Deinen Bildern super zur Geltung und ist ein optisch feines Detail.

    Danke für deine Mühe!
    Ich finde, Deine Arbeit hat sich voll gelohnt.

    Grüße,
    Thomas

    Edit: Ich habe Deinen Bericht noch um passende Tags erweitert, damit Tante Google allen Interessierten draußen in der Welt gleich Dein "5* Review-Menü" servieren kann .... :)

  • ...und das Viper Lille...


    Servus Axel,

    das lobe ich mir auch. Nur lässt sich ein Nagelhau unterschiedlichst gestalten, so wie man es z.B. beim Vergleichs-Benchmade sieht. In dieser Art gefällt er mir dann deutlich besser. So mancher wird halt nach vielen Jahren der Messerei etwas schrullig... :rolleyes:

    Viele Grüße
    Marc

    Das Einzige, das wirklich Zukunft hat, ist die Zukunft.