Kleine Überraschung am Sonntag

  • Hallo!

    Gestern brachte ein Papa seine Tochter zum Spielen bei meiner Mittleren vorbei. Das Mädel drückte mir die beiden Rasiermesser in die Hand mit den Worten:“ Da habt Ihr mal darüber gesprochen!“

    Stimmt! Ich habe dem Papa mal von meinem Schmiedeprojekt mit @axdamast erzählt, daraufhin hat er mir diese beiden Rasiermesser aus einem Nachlass versprochen.

    Gestern Abend gleich der Test im Bad, gar nicht mal so schlecht. Das größere mit dem „Silberstahl“ hat es mir angetan.

    Ich glaube ich werde mich mal vertieft mit dem Thema auseinandersetzen. Eine neue Leidenschaft ist nun entbrannt. Unglaublich wie dieser Hauch von Stahl ausgeschliffen ist.

    Ich freue mich riesig!

    Gruß

    The Lem

  • Danke @tarrot! Die Hand ist ruhig, aber ich habe noch Probleme damit richtig (um-) zu greifen und die Stoppeln im richtigen Winkel „anzufahren“.

    Ich hatte bei meiner gestrigen ersten Messerrasur zwei minimale Schnitte, man spürt sie nicht, aber sehen kann man die gleich :cursing: .


    Ich habe höchsten Respekt vor den Machern von Rasiermessern. Was da an Stahl verbleibt ist ein Hauch von nichts. Und in der Funktion geht es eben um reine Performance, die man wunderbar direkt erspüren kann.

    Ob ich mit einem Kochmesser oder einem Outdoormesser ein Stück rohes Fleisch schneide, das ist kein so großer Unterschied bei biegeschlaffem Schnittgut.

    Aber eine unsaubere Rasur und Rasurbrand, da spürt man gleich den Unterschied zu einem hochperformanten Messer.

    Ich bin ganz am Anfang und habe so viel zu lernen...eine ganz neue Welt des scharfen Stahls tut sich auf!

    Gruß

    The Lem

  • Ich will das lernen, ich bleibe dran.

    Aber es ist alles nicht so leicht.

    Zunächst mal das Messer. Mir fehlt eine Referenz wie scharf ein Rasiermesser sein muss und ich habe letztlich nicht geeigneten Schärfmittel. Auf der Rückseite des Spyderco Sharpmaker kann man die Stäbe flach einlegen. Hier habe ich auf einem Stab so gefühlvoll wie es mir möglich war das Messer flach aufgelegt, kein Druck mit drei Fingern zur Kontrolle das Messer geschärft. Der Klingenrücken war getaped. Kleiner Grat, durchgängig, am Fingernagel abgezogen. Micromesh auf ein Hardcover Buch ganz gefühlvoll gestroppt, ebenfalls flach aufgelegt bis 12000 Körnung, dann ein Ledergürtel.

    Mir ist bewusst, dass das nicht den Regeln der Kunst entspricht.

    Ich will mal Lapping Film probieren.

    Den Schärfetest habe ich dann an einem freigehaltenen Haar durchgeführt. Also bis circa 5,5cm vor dem Haltepunkt schneidet das Messer die Haare ab. Es gibt aber noch ein kleines „Pling“ und das angeschnittene Haar hüpft. Hm. Mehr kann ich mit meinen Hausmitteln nicht rausholen.

    Dann die Rasur. Rechte Gesichtshälfte mit der rechten Hand, linke Gesichtshälfte mit der linken. Das kann ich noch nicht. Ich mache alles mit der rechten Hand. Auch hier noch viel zu lernen.

    Ich habe mir vorgenommen, dass ich mir noch ein Rasiermesser kaufen möchte, aber das will ich mir verdienen. Das heißt ich will die Rasur beherrschen und richtig schärfen können, mit reproduzierbaren Ergebnisssen ohne die Schneide in ihrer Charakteristik zu verschleifen. Zum nachschleifen geben ist unsportlich!

    Hier drei Bilder vor der Rasur ( mein Gesicht ist in echt nicht so :/ verbeult ), danach und das geölte Messer bevor es wieder weggelegt wurde!


    Gruß

    The Lem

  • Hallo @The Great

    Angst muss man nicht haben. So weit lehne ich mich jetzt mal als - Achtung Wortwitz - blutiger Anfänger aus dem Fenster. Das war jetzt meine vierte Rasur mit dem Messer. Und wie du siehst sind die Nasenspitze und beide Ohren noch dran, es gab fast keine Schnitte, jedenfalls nicht mehr als mit dem Systemrasierer.

    Wichtig sind das Einweichen der Barthaare und eine gute Seife. Die Haut muss straff sein und am besten arbeitet man mit schabenden Bewegungen. Sobald man in den Zugschnitt kommt wird es rot.


    Gruß

    The Lem

  • Hallo @The Lem,

    erstmal Hut ab, dass Du es auf eine solche Schärfe des Rasiermessers gebracht hast. Allein da gehört schon Hartnäckigkeit und Enthusiasmus dazu.
    Auch das Ergebnis Deiner Rasur sieht ermutigend aus. Und damit meine ich nicht nur, dass Nase und Ohren noch dran sind :D .

    Ich habe mal versucht, mich ein wenig über die ursprünglichste Form aller Rasuren etwas schlau zu machen. Dies scheint mir ein sehr aufwändiger Prozess zu sein, und es kommt wohl nicht nur auf das perfekt scharfe Rasiermesser an, sondern auch auf den richtigen Pinsel (am besten wohl Dachshaar, da dieses kein Wasser aufnimmt und die Rasierseife-/creme am schaumigsten schlägt), gute Rasierseife oder -creme, Rasieröl, auf kleine Peelings der Haut und des Bartes zwischendurch...bis hin zu den erforderlichen drei Rasiergängen und der richtigen Technik. Und mit der Rasur ist es noch nicht vorbei, danach kommt die richtige Pflege. Kaltes Wasser, warmes Wasser, dann das richtige After Shave...

    Eine in jeder Hinsicht echte Herausforderung. Nichts, was man einfach mal so auf die Schnelle macht. Doch ich denke, allein schon die Entschleunigung und das bewusste Herangehen und Erleben ist ein Genuss, der das Mühen mehr als belohnt :thumbup: .

    Halte es am Laufen :) !
    Axel

  • Hallo,
    Ich bin ja auch Nass-Rasierer, aber vor so einem Messer hätte ich allergrößten Respekt. Der beginnt schon vor den Machern, die so eine feinste Schneide hinbekommen, die sich über dem Fingernagel biegen lässt. (Hier im Forum gibt es ja den Experten „Dieterxxx). Dann kommt die Schärfe halten, wie die Hand mit dem Rasiermesser auf- und abwärts über das Leder fegt, habe ich früher noch erleben können. Und zuletzt die eigene Anwendung vor dem Spiegel, äußerst vorsichtig, aber doch resolut genug, die harten Stoppel zu kappen. Nach zwei roten Versuchen von „Fachleuten“ im Barbershop lasse ich so eine Klinge nicht mehr in mein Gesicht.

    Aber ich gebe zu, die Rasur mit diesen traditionellen Messern hätte was, etwas Meditatives; ein Stück Kultur des Mannes, wie sein Pfeifchen stopfen und schmauchen.

    Also viel Freude und wenig Schnitte!
    Burghard

  • Hallo @tarrot!

    Danke für deinen netten Kommentar.

    Du hast das Ganze sehr gut zusammen gefasst.

    Hier mal ein paar Gedanken von mir dazu. (Noch) habe ich nicht vor mich zu einem Seifen und After Shave Experten zu entwickeln. Für mich ist es in Ordnung, wenn ich für mich einen Modus und Seifen und AS gefunden habe, dass ich sauber rasiert bin und keine Hautirritationen bekomme.

    Die ersten Ergebnisse machen mir da doch sehr Mut, angekommen bin ich noch nicht.

    (Noch) will ich auch kein Vermögen in Steine, Pasten und Riemen investieren.
    Aber ich habe den Anspruch mein Werkzeug selbst so zu pflegen und scharf halten zu können, dass ich nicht aus Unwissenheit das Messer unsachgemäß behandle. Das Messer ist vielleicht 40 bis 50 Jahre alt, da will ich es nicht in 3 Monaten verschleifen.

    Auch hier machen mir die ersten Ergebnisse im Nachschärfen sehr Mut.

    Ich behaupte jetzt mal, dass hier alle schärfen können. Und die jahrelange Erfahrung hilft mir, mich auch an das Schärfen des Rasiermessers heranzutasten. Im Ergebnis sind es ja die selben Dinge die man beachten muss.

    Ich kann auch mit meinen Outdoormessern, sogar mit meinen Äxten Haare spalten. Das soll jetzt keine Angeberei sein, aber diese Schärfe ist für mich letztlich nur das konsequente Ergebnis, wenn ich alles richtig gemacht habe. Klappt der Haartest nicht, ist irgend etwas nicht in Ordnung.

    In dem Sinn, ich mag keine Wissenschaft daraus machen, aber ein wenig vorhandene oder angeeignete Kenntnis hilft mir auf dem Weg zu einem für mich zufriedenstellenden, reproduzierbaren Ergebnis.

    Bin noch nicht angekommen, ist noch bisschen hin.

    Gruß

    The Lem

  • Hallo,
    Ich bin ja auch Nass-Rasierer, aber vor so einem Messer hätte ich allergrößten Respekt. Der beginnt schon vor den Machern, die so eine feinste Schneide hinbekommen, die sich über dem Fingernagel biegen lässt. (Hier im Forum gibt es ja den Experten „Dieterxxx). Dann kommt die Schärfe halten, wie die Hand mit dem Rasiermesser auf- und abwärts über das Leder fegt, habe ich früher noch erleben können. Und zuletzt die eigene Anwendung vor dem Spiegel, äußerst vorsichtig, aber doch resolut genug, die harten Stoppel zu kappen. Nach zwei roten Versuchen von „Fachleuten“ im Barbershop lasse ich so eine Klinge nicht mehr in mein Gesicht.

    Aber ich gebe zu, die Rasur mit diesen traditionellen Messern hätte was, etwas Meditatives; ein Stück Kultur des Mannes, wie sein Pfeifchen stopfen und schmauchen.

    Also viel Freude und wenig Schnitte!
    Burghard

    Absolut. Die Klingengeometrien sind krass. Insbesondere wenn die Klingen mit Wall geschliffen sind, sie also in sich einen Flex haben für eine sanfte Rasur und zudem entsprechend derb für harte Stoppel sind.

    Man darf ja nicht vergessen, das das alles sehr altes Wissen ist.

    Ach ja, der meditative Aspekt. Ich wurde heute erst mal beim rasieren von einem Kind vom Spülbecken weggeschoben, welches sich die Hände waschen wollte.

    Und deshalb mein Schlusswort für den Sonntag:

    Nicht jeder, der ungepflegt aussieht, ist es auch. Vielleicht hat er einfach nur mehr Töchter als Badezimmer!

    Gruß

    The Lem

  • Zum Thema dünn ausgeschliffen hier noch ein Bild. Leider bekomme ich mit dem Handy das Bild nicht besser fokussiert. Die Klinge ist zu dünn :greenshocked:

    Gruß

    The Lem

  • Hallo @TheLem

    schön, dass es hier noch jemanden gibt, der jetzt mit dem Virus "Rasiermesser" infiziert ist! Dein Beitrag ist ja mittlerweile schon ein bisschen älter, aber ich hoffe, das ist noch immer so! ;)

    Bei mir hats im Prinzip genauso angefangen, wie bei dir! In deinen Worten finde ich mich fast genauso wieder! Bei mir war das Rasiermesser aber ein Erbstück von meinem Urgroßvater, das ich nach langer Zeit in einer Schublade wieder entdeckt habe. Kurz zusammengefasst: ich habs geschärft, mich damit einmal rasiert und das wars - der Hauch von nichts, wie du es schön nennst, hatte mich auch sofort in seinen Bann gezogen und bis heute rasiere ich mich noch immer ausschließlich mit Rasiermesser. Mittlerweile natürlich mit einem Eigenbau und schon deutlich sicherer und schneller als Anfangs - aber die richtige Technik hast du ja schon drauf, so viel hab ich jetzt auf die Schnelle schon mal gelesen: am wichtigsten ist es darauf aufzupassen, das Messer nicht entlang seiner Längsachse zu ziehen, das führt unweigerlich zu Schnittverletzungen! Ich finde auch, alles andere ist nicht gefährlicher als mit einem Systemrasierer - ein bisschen mehr Achtsamkeit aber vorausgesetzt! Der Anstellwinkel der Klinge kann bei Bedarf sogar recht hoch sein und das Messer tut seine Arbeit immer noch gut.

    Das Thema ist sehr umfangreich, merkt man erst, wenn man sich mal ein wenig intensiver damit beschäftigt. Bei mir liegt der Fokus ganz klar auf dem Messer an sich und nicht so sehr an dem ganzen Drumrum. Bei vielen Dingen, die für manche Menschen eine Rasur erst so richtig zu einer guten Rasur bzw. zu einem Ritual machen, hab ich auch erst an der Oberfläche gekratzt. Da gibt es sehr viel zu Entdecken - ich hoffe, du hast viel Freude dabei!

    Wünsche dir jedenfalls viel Spaß mit deinen Rasiermessern und hoffentlich sanfte u. gründliche Rasuren! :thumbup:

    LG
    Dieter