Dass die Firma Heinrich Schmitz - Solingen mehrere Hundert Typen verschiedener Messergriffe und Messerschalen für Solinger Messerhersteller fertigt, hatte ich ja bereits an anderer Stelle beschrieben . Seit einigen Jahren aber werden in der kleinen Messer-Werkstatt, im 1. Stock der Firma, auch Messer des Solinger Messertyps "Hippekniep" gefertigt.
Der junge Eigentümer der Firma, Christian Schmitz will damit u.A. verhindern, dass dieser handwerklich hergestellte, traditionelle Messertyp vom Deutschen Markt verschwindet. Ein sehr löbliches Vorhaben, finde ich, denn wo bliebe sonst unsere Deutsche Tradition?
Ich hatte nun in der vergangenen Woche die Möglichkeit, mir die Fertigstellung eines solchen Hippeknieps von Beginn an einmal anzusehen... eine sehr interessante Sache und deshalb möchte ich hier in einer kommentierten Fotostrecke einmal meine Beobachtungen für alle Interessierten zusammenfassen.
Damit ein solches HIPPEKNIEP aus den nötigen Einzelkomponenten entsteht, sind so einige Arbeitsschritte erforderlich.
Betritt man die kleine Werkstatt, oberhalb der Griff/Griffschalen-Fertigung der Fa. Schmitz, fühlt man sich um einige Jahrzehnte zurückversetzt in die Vergangenheit. Die Maschinen haben zwar schon einige Jährchen auf dem Buckel, werden aber wegen ihrer sehr soliden Ausführung sicher noch mindestens 2 weitere Generationen an Messermachern ohne grosse Probleme überstehen.
Blank polierte Handgriffe zeigen auch hier, diese Werkzeuge könnten Geschichten erzählen, sind aber auch nach Jahren noch tadellos in Schuss und für den Einsatz bereit.
Die im eigenen Werk gefertigten Schalenrohlinge werden auf dieser recht exotisch anmutenden Bohrmaschine mit den notwendigen Bohrungen für die "Pinne" versehen.
Durch die präzise Spindel-Verstellung der Achsen in 2 Koordinaten, lassen sich hier praktisch alle gängigen Messergriffe/Griffschalen verbohren.
Die Bohrung der Griffschalen, die später die Achse der Klinge aufnehmen soll, werden jetzt mit Senkungen versehen. Das erfolgt mit einem zentrierten 180° Senker... und mit gutem Augenmass.
In diese Senkungen werden nun diese konisch gebohrte Messingscheiben eingebracht
Das erfolgt auf dem Reider-Schraubstock mit gezieltem Hammerschlag... sieht einfach aus, erfordert aber doch einige Übung, soll das exakt ausgeführt werden, ohne die Griffschale zu beschädigen... gut, wenn man 4 Augen besitzt!
So sieht's aus, wenn man seinen Arbeit seit 60 Jahren aus dem FF beherrscht!
Mit 74 gehört der gelernte Reider, Horst Rüttgers noch lange nicht zum "alten Eisen". In Rente ist er ja schon längst, aber so ab und an... und bei Bedarf kommt er gerne in die Werkstatt, um sein "Taschengeld" etwas aufzubessern
Man merkt sofort, der alte "Haudegen" versteht nicht nur sein Handwerk, sondern führt es auch nach all den Jahren mit jugendlicher Begeisterung aus.
Es macht Spass, ihm in seinem wunderbaren "Solinger Platt" zuzuhören, wenn er berichtet, wie in seinen jungen Jahren nahezu in jedem Haus der Nachbarschaft eine kleine Werkstatt eingerichtet war, in der Messer in Heimarbeit für grössere Solinger Firmen hergestellt wurden.
Seine Hände zeigen deutliche Spuren von Jahrzehnte langer Handarbeit. Wieviele 1.000 Messer er in seinem langen Arbeitsleben hergestellt haben mag, kann er nicht sagen. Viele, sehr viele! Bewundernswert, die Begeisterung, mit der von seiner Arbeit berichtet. Der kleine Hammer, den er für viele der anfallenden Arbeiten schwingt, ist sein treuer Begleiter seit seiner Lehrzeit. Der Hammerstiel hat deutliche (Ab)Nutzungserscheinungen, wird aber so schnell noch nicht ausgetauscht, denn so sind Mann und Werkzeug eine vertraute Einheit für perfekte Ergebnisse. Beide werden sicher eines Tages gemeinsam "endgültig in Rente" gehen... aber das wird noch dauern, denke ich!
Keine Frage bleibt unbeantwortet!
By the way: Ich wünschte mir, die "Jugend von heute" wäre mit ebensolchem Elan bei ihrer Arbeit!
So, davon machen wir jetzt erst einmal einen kleinen Vorrat...
Passende Holzschalen kommen jeweils in einen eigenen Lager-Container.
Klar, Klingen benötigen wir natürlich auch für ein Hippekniep, die werden allerdings durch einen anderen Solinger Spezialisten hergestellt.
Hier einmal einen geschmiedeten Rohling, nur damit man auch sieht, dass die Klingen tatsächlich GESCHMIEDET wurden und nicht einfach aus einem Flacheisen durch "Wegschleifen von überflüssigem Material" entstehen.
Die Vorteile einer geschmiedeten Klinge sollten hier im Forum wohl zur Genüge bekannt sein!
In die Klinge muss natürlich noch das "Loch" für die Achse rein, das erfolgt auf diesen "Spindel-Stanzen".
Klinge am Anschlag einlegen, am Spindelhebel ziehen... das geht durch, fast wie durch Butter!
Das hätte ich nicht gedacht und auch noch deutlich fixer als Bohren!
Ja klar, Rückenfedern brauchen wir auch. Auch hier werden die Löcher natürlich gestanzt...
... prima geworden, so soll es sein!
Diese Rückenfedern hier müssen nach dem Stanzen der Löcher noch einmal "geplättet" werden!
Erfolgt diese Richten nicht, wird zwischen Rückenfeder und Platinen später ein unschöner Spalt klaffen... und das soll doch garantiert nicht sein!
So, jetzt mal zusammenstellen was wir für die Montage eines Hippekniep alles benötigen.
Die Messingstifte für die Verbindung des Messergriffs und die verschleissfesteren Stahlstifte für die Klingenachse liegen gleich neben den Messingscheiben.
Die erforderlichen Platinen werden ebenfalls von einem Solinger Spezialisten angeliefert und sind bereits passend gelocht.
Damit hätten wir nun also an Material für ein Hippekniep:
Rechte und linke Griffschalenhälfte, 2 Messingscheiben, rechte und linke Platine, Rückenfeder, Messerklinge, 2 Messingstifte, 1 Stahlstift