Hallo zusammen,
ich hatte die Bilder dieses Messers auch schon einmal im thread für die Titan frame lock folder eingestellt. Aber da gehen sie wohl etwas unter. Darum möchte ich Euch das Benchmade 755 MPR hier noch einmal ausführlicher vorstellen.
Zunächst einmal ein kurzer Hinweis zur Namensgebung. Das Messer entstammt der Zusammenarbeit mit dem US Custom Knifemaker Shane Sibert, der momentan zu den angesagten Leuten seiner Zunft gehört. Shane Sibert hat für Benchmade auch folgende Modelle entworfen:
BM 275 „Adamas Folder“ (als Automatik Version trägt es die Nummer BM 2750)
BM 375, die fixed blade Variante vom „Adamas“
BM 175 „Adamas“, ein kleiner Faustdolch
BM 162 „Bushcrafter“
und aktuell für die Gold Class eine größere Version des heute hier betrachteten 755 MPR, noch dazu ausgeführt mit einem Double Action (D/A) Mechanismus. Die Benchmade Codes lauten 7505-132, für die „unlimitierte limited edition“ (fragt nicht. Das ist eine andere Geschichte ….) und 7505-131, für die auf 100 Stück limitierte und über 1.200 $ teure Edel-Version.
Das Kürzel „MPR“ steht für „Mini Pocket Rocket“. Die Custom Vorlage zu diesem Modell heißt bei Shane Sibert „Pocket Rocket“ und ist etwas größer:
http://www.sibertknives.com/pages/pocketrocket.htm
Insofern war es nur konsequent, dass die kleinere Version bei Benchmade den Zusatz „Mini“ bekommen hat.
Das 755 MPR kommt serienmäßig im, sagen wir „Jäger-Moos grün“ ….. was mich zugegebenermaßen nicht so angesprungen hat
Unzufrieden war ich darüber hinaus mit der Daumenrampe. Ich hab mich bei verschiedenen Videos im Netz über dieses Messer immer gewundert, warum die Leute dort die Klinge quasi mit der Daumennagelspitze aufflippen. Das mag im Video ja noch halbwegs cool aussehen, ist in der Praxis ist das aber nicht immer optimal. Ich hab dann für mich recht schnell rausgefunden, dass die Daumenrampe (für meinen Daumen) etwas zu klein ausgeführt ist, so dass ich meinen Daumen nicht optimal positionieren kann um den Pin zu bedienen
Somit gab es für mich 2 Gründe, das Messer zu Cuscadi zu schicken und Abhilfe schaffen zu lassen. In der Diskussion darüber welche Farbe es denn sein soll, haben wir uns dann für ein „rescue orange“ entschieden. Ich finde die Farbe peppt ordentlich und harmoniert außerdem recht gut mit dem grauen Titan.
Der Verriegelungsmechanismus des 755 MPR ist ein FRAME LOCK. Benchmade bevorzugt bei seinen Modellen mit diesem Mechanismus die Bezeichnung MONO LOCK. Die Entwicklung dieses Mechanismus stammt von Chris Reeve und bei ihm heißt es INTEGRAL LOCK. In der Messerszene wird darum auch oft die Abkürzung R.I.L. verwendet, wenn man über frame lock Messer spricht. Eben REEVE INTEGRAL LOCK.
Ich bleibe im weiteren Verlauf einfach bei dem von mir bevorzugten Begriff FRAME LOCK. Dieser Mechanismus erfreut sich in den letzten Jahren stetig steigender Beliebtheit bei den Serienmesserherstellern. Das liegt meiner Einschätzung nach daran, dass man die recht aufwendige Fertigung dieser Konstruktion und der verwendeten Materialien heute immer besser im Griff hat, also weniger Ausschuss produziert und die Fertigung automatisieren kann, so dass ein frame lock folder sich für einen Massenhersteller auch betriebswirtschaftlich rechnet.
Für die Verriegelungsseite, also die Seite mit dem LOCKBAR, wird Titan verwendet. Da dieser LOCKBAR, der sich zur Verriegelung vor die Klingenwurzel schiebt einerseits recht stabil sein soll, was eine gewisse Massivität bedeutet und andererseits aber auch seine Vorspannung durch die Vor-Biegung des Lockbar nicht verlieren soll, hat sich vermutlich Titan als das dafür geeignete Material etabliert. Darüber hinaus ist Titan sehr leicht, womit sich eine etwas massivere Ausführung nicht zwingend nachteilig im Gesamtgewicht des Messers niederschlägt. Darum sind eben alle (zumindest mir bekannten) frame lock folder gleichzeitig TITAN FRAME LOCK folder.
Beim liner lock ist der lockbar (hier meist liner genannt) eine zusätzliche Stahlplatine, die innen im Griff entweder an der (Stahl-) Griffplatine, oder aber direkt an der Griffschale montiert ist. Auf jeden Fall bestehen die Griffschale auf der Verriegelungsseite und der Verriegelungsliner aus (mindestens) 2 Teilen. Im Gegensatz dazu ist bei einem frame lock folder der lockbar direkt aus der Griffschale geschnitten und geformt. Somit besteht dort die Griffschale auf der Verriegelungsseite des Messers aus nur einem einzigen Bauteil.
Diese Bauart wird gemeinhin als robuster und zuverlässiger betrachtet, im Vergleich zum liner lock. Auch, weil der lockbar aufgrund der fehlenden darüber sitzenden Griffschale leichter zugänglich und somit auch leichter von Dreck zu reinigen ist. Darum waren sehr robuste, eher auf militärischen bzw. polizeilichen Einsatz ausgerichtete folder a la Strider & Co., neben Chris Reeve mit seinem Szebenza, die Vorreiter für diese Verriegelungstechnik. Pauschal würde ich diese These nicht unterstützen. Wie immer bei mechanisch bewegten Teilen hängt es natürlich von der sorgfältigen Fertigung des Messers ab und es gibt schlecht ausgeführte frame locks und hervorragende liner locks. Exkurs Ende. Der frame lock ist beim 755 MPR sehr sauber ausgeführt.
Benchmade hat durchaus Erfahrung mit diesem Mechanismus, wenn wir z.B. an das 750 Pinnacle denken, bei dem diese Verriegelung zum ersten Mal zur Anwendung kam und mit dem man ganz klar auf Chris Reeve zielte. Es folgten u.a. das bekannte „Skirmish“ (groß und mini), designed von Neil Blackwood, das 760 LFTI Bob Lum oder das 790 Subrosa (Danke an das „lebende Benchmade Archiv“ Walter, der mir kürzlich bei der Antwort auf die Frage zur Seite stand, welche Titan frame locks es von Benchmade gibt ! :thumb: :thumb: )
Technisch interessant finde ich die Einstellmöglichkeit des Klingenanschlages und somit auch den Anschlag des Verriegelungsliners (lockbar) an die Klingenwurzel. Wenn man den Clip abnimmt kann man eine Schraube lösen, die eine Art exzentrisch gelagerten Zapfen festhält. Diesen Zapfen kann man verdrehen und so den Klingenanschlag verändern, was dann auch Einfluss darauf hat wie der lockbar auf der Klingenwurzel aufliegt.
Wenn jemand im Netz ältere Bilder des 755 MPR findet, oder selbst ein älteres Exemplar hat dann erkennt man, dass Benchmade nach dem Serienstart des Messers den Clip geändert hat. Der erste Clip hatte nicht diesen Bogen, sondern war ganz gerade und passte meiner Meinung nach optisch noch einen Tick besser zum gradlinigen Design des Messers. Aber es gab recht schnell Kritik, dass der Clip zu steif war und man das in die Hosentasche eingeklippte Messer kaum noch herausbekam. Da er aus Titan gefertigt war, konnte man ihn auch nicht anpassen und so hat man sich bei Benchmade entschieden den Clip neu zu designen.
Die Klinge besteht aus dem von mir hoch geschätzten M390 Stahl und ist ebenfalls fein gearbeitet. Die sog. „Blutrille“, beim Katana „Hi“ genannt, ist hier sicher mehr Design-Gag denn echter Nutzwert. Für den berühmten Schokobrotaufstrich gar nicht gut …… Bzw. für das Reinigen danach.
Hier noch ein paar Größenvergleiche, aus denen ganz gut hervorgeht, dass das „Mini“ Pocket Rocket gar nicht so „mini“ ist, wie man vermeintlich denken mag:
mit dem Spyderco Sage 1
mit dem Spyderco Vallotton:
und mit dem Zero Tolerance 301:
Durch den recht dicken Griff liegt es sehr gut in der Hand. Auch wenn aufgrund der Grifflänge bei meiner Hand (Handschuhgröße 10) der kleine Finger nicht mehr auf dem Griff aufliegt, kann man es wie gesagt aufgrund des recht fülligen Griffes sehr gut halten.
Technisch gefällt mir natürlich der frame lock, insbesondere mit der raffinierten Einstellmöglichkeit, sowie der hervorragende Klingenstahl. Das Design mag ich sehr. Die geraden Linien sind ziemlich konsequent durchgehalten worden, so dass es in Verbindung mit der wuchtigen Klinge massiv, kantig und wertig daherkommt.
Zum Abschluss wie immer der Vollständigkeit halber die Daten:
Klingenlänge: ca. 7,5cm
Gesamtlänge: ca. 7,5cm
Gewicht: ca. 157g
Klingenstahl: M390, 60-62 HRC
Griffmaterial: Titan/G10
So. Ich hoffe der Bericht gefällt. Fragen und Ergänzungen wie immer erwünscht.
Viele Grüße,
Stefan