Spyderco Civilian


  • Ein krummer Hund: Das Spyderco C12 Civilian...

    ...schon eher eine Geschichte als ein Review...

    Jeder Messer-Aficionado hat seine eigenen Vorstellungen von hässlich und schön, von handlich, praktisch, innovativ, unsinnig und langweilig.
    Jedem von uns ist es schon passiert: man sieht ein Messer und der berühmte Funke will einfach nicht überspringen. Folglich ist es nach kurzer Zeit vergessen oder wird später sogar aus der Erinnerung gestrichen, weil uns sein Stil oder seine praktischen Eigenschaften nicht gefallen haben. Oft sind es aber genau diese Messer, mit denen interessante und spannende Geschichten verbunden sind.

    Ein solches Messer ist für mich das Spyderco Civilian. „Was soll denn das sein, gibt es irgendwo ein hässlicheres Messer“ habe ich mich gefragt als ich das erste Mal ein solches Exemplar betrachtete. Tatsächlich waren „hässlich“ und „völlig unpraktisch“ wohl die beiden Charakterisierungen, die mir zuerst durch den Kopf schossen und in meiner Erinnerung für lange Zeit das Bild des Civilian dominierten.

    Jahre später - anno 2014. Ich besuche mit einem Freund einen seiner Bekannten, beide sind Messerliebhaber und Besitzer kleiner Sammlungen. Messer werden betrachtet, begrabbelt und bespielt; es wird eifrig diskutiert. Ein Karton wird geöffnet und ein paar ältere Spyderco's kommen zum Vorschein. Ein 99er Military kommt ans Licht, es folgen ein „antikes“ Police I, ein Uralt-Endura mit AUS8 Klinge und schließlich sogar ein Worker. Dann folgt ein Starmate mit zweistelliger Collectors Club Seriennummer. Wow! Plötzlich weht der Mantel der Geschichte mit kaltem Hauch durch den Raum! Zum Schluss wird ein schwarzer Lederpouch mit goldenem Spyderco Logo geöffnet. Da liegt - jungfräulich und feist glänzend – eines dieser total hässlichen Civilian's mit Kraton Einlagen in den Aluminumgriffschalen. Ich öffne das Messer und betrachte die eigentümlich geschwungenen Klinge aus G2 Stahl. Die Stahlsorte G2 wurde nur in den Anfangstagen von Spyderco verwendet und taucht manchmal auch unter der Bezeichnung GIN-1 auf. Eines ist nun klar: dieses Messer ist ein sehr altes Schätzchen.

    Schnell tauchen die alten (Vor-) Urteile wieder auf. Doch Halt! Stop! Moment mal! Hässlich? Unpraktisch? Nutzlos? Plötzlich bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher. Ohne zu wissen, was man mit diesem Messer anfangen könnte, ändert sich mein Blickwinkel. Die Form der Klinge ist schwungvoll und durchaus elegant aber das Civilian wirkt trotzdem zweifellos bedrohlich … ich fühle aufkommendes Interesse.

    Inzwischen ist das Civilian Teil meiner kleinen Sammlung und ich möchte es euch heute nicht nur vorstellen sondern dabei auch einen Blick auf die Historie dieses Modells werfen.

    Das Civilian wird bei Spyderco unter der SKU C12 geführt. Die Bezeichnung „SKU“ gehört zum sogenannten „spydie-slang“ und steht für „stock keeping unit“, also eine Spyderco interne Typ- und Modellbezeichnung. Die Klinge des Civilian ist gut 100 Millimeter lang und besitzt einen doppelten Recurve. Sie ist geformt wie ein gestrecktes, liegendes „S“ und mit der berühmt-berüchtigten Spyder-Edge aus der Frühzeit von Spyderco versehen. Geierschnabel ist die erste Assoziation, die mir in den Sinn kommt. Schön geht doch irgendwie anders, oder? Hinten dran als Griff ein Stück Aluminium, mit rund 130 Millimetern nicht für zierliche Hände gedacht. Die Gesamtlänge von 233 Millimetern macht das Civilian zu einem stattlichen Folder, auf Fotos wirkt das Messer oft kleiner und zierlicher als es in Natura ist. Mit 134 Gramm ist das Messer gemessen an seiner Größe ein Leichtgewicht und die Griffstärke von nur 10 Millimetern trägt auch unter sommerlicher Kleidung nicht auf.

    Wer braucht so ein eigenartiges Messer und welche Idee mag hinter dieser Klingenform stecken? Ein Blick auf die Spyderco Homepage hilft weiter:„In the 1990s Spyderco was approached by a specialized branch of U.S. law enforcement about making a knife for their undercover agents“. Aha! Eine Sonderheit der Justiz- bzw. Polizeibehörden hat Spyderco also in den 1990er Jahren darum gebeten, ein Messer für verdeckte Ermittler zu entwickeln. Breites Grinsen! Demnach eine Art „James Bond“ Messer!? Entwickelt für Menschen in Zivilkleidung, die – für amerikanische Gesetzeshüter höchst untypisch– ausnahmsweise mal ohne Schießeisen unterwegs sind. In brenzligen Situationen (Spyderco spricht von „lebensbedrohlichen Situationen“) soll dieses Messer als letzter Rettungsanker zur Selbstverteidigung dienen. Sal Glesser hat diese Version der Entstehungsgeschichte des Civilian bei verschiedenen Gelegenheiten bestätigt. Tatsächlich soll die Entwicklung des Messer mit der ungewöhnlichen Klingenform auf die Wünsche und Erfordernisse verdeckt arbeitender Drogenfahnder zurückgehen („... cops working undercover in crack houses ...“). Spyderco's Firmenphilosophie war immer deutlich patriotisch und loyal gegenüber Polizei und Militär. Die Zusammenarbeit mit „offiziellen“ Stellen wurde immer als Auszeichnung verstanden und mit Stolz und Hingabe ausgeführt.

    Völlig unabhängig von meiner damaligen Einschätzung muss das Civilian schon immer seine Fans gehabt haben. Schließlich wird es von Spyderco seit Mitte der 1990er Jahre bis heute hergestellt. Große Änderungen hat es in diesem langen Zeitraum nicht gegeben. So ganz warm bin ich mit der Optik des Messers an dieser Stelle immer noch nicht und verleihe dem Civilian insgeheim den Titel: „hässlichstes nettes Kampfmesser der Welt“ :P. Immerhin hat sich an diesem Punkt bereits die Entstehung des Namens geklärt: wörtlich lässt sich der Name „Civilian“ mit dem Adjektiv „zivil“ und dem Hauptworten „Zivilist“ oder „Zivilperson“ übersetzen. Nun ist es eindeutig: das Civilian ist für Polizisten in Zivil entwickelt worden. Der Hinweis auf „LEO's“ (law enforcement officers) als primäre Zielgruppe findet sich außer auf der Spyderco Homepage an vielen Stellen in der Geschichte des Civilian.

    Wann genau das Civilian auf den Markt kam, konnte ich nicht herausfinden. Die SKU C12 deutet auf ein Entwicklungsdatum um 1993 hin aber in keinem Katalog dieser Zeit taucht dieses Messer auf. Im Katalog von 1993 findet man bereits zwei Modelle mit höherer SKU die aus der Zusammenarbeit mit Bob Terzuola (C15 und C19) hervorgegangen sind aber das Civilian wird mit keiner Silbe erwähnt. Auch nicht 1996, 1997, 1998 oder 1999. Nichts, kein Wort über dieses Messer. Vielleicht handelt es sich doch um ein „James Bond Messer“, das nur oder zumindest hauptsächlich an Behörden geliefert wurde? Auf jeden Fall ist mein Interesse jetzt richtig erwacht.

    Die Verwendung des G2 Stahls zeigt, dass die Civilian Serie ihrer SKU C12 entsprechend tatsächlich Anfang bis Mitte der 1990er Jahre auf den Markt kam. Schon lange vor Ende des Jahrzehnts setzte Spyderco auf andere Stähle: ATS34, ATS55, später VG-10 und schon bald auch auf CPM440V. In manchen Fällen hat Spyderco SKU's freigehalten, also nicht sofort für einen neu entwickelten Messertyp vergeben. Hinweise für ein solches Überspringen sind aber in der Geschichte des Civilian nicht erkennbar.


    Spätere Serien des Civilian wurden mit Klingen aus ATS55 ausgestattet und etwa seit 2003 wird VG-10 eingesetzt. Die aktuelle Modellvariante wird mit G-10 Griffschalen bestückt und besitzt immer noch die Klinge aus VG-10 Stahl. Der erste Auftritt eines Civilian in einem Spyderco Katalog findet im Jahr 2000 statt. Ab diesem Jahr findet sich das Civilian in den Händler Katalogen, in den Standardkatalogen von Spyderco ist es erst ab 2006 enthalten.

    Mitte der 1990er Jahre begann die Zusammenarbeit von Spyderco mit externen Messermachern bzw. Messerfachleuten, die bekanntesten aus der Frühzeit sind Bob Terzuola (C15,C19), Wayne Goddard (C16,C18,C20) und Michael Walker (C22). Das Civilian jedoch gehört noch in die Gruppe von Messern, die von Sal Glesser in den Anfangstagen von Spyderco allein entwickelt wurden. Zu dieser Gruppe kann man die Messer mit den SKU's C01 bis C14 rechnen. Dort hinein gehören so bekannte Namen wie Endura, Delica und Police. Alles Modelle, die auf dem Messermarkt richtungsweisend waren, sich sehr erfolgreich am Markt etablieren konnten und bis heute hergestellt werden.

    Sal Glesser hat in den Gründungstagen seiner Firma die SpyderEdge Klinge entwickelt und dieses Konzept immer sehr engagiert vertreten. Kein Messermodell (folder) der ersten Jahre kam ohne SpyderEdge auf den Markt und Sal wurde niemals müde, die Vorteile dieses speziellen Wellenschliffs zu erläutern. Der Markt folgte seinem Enthusiasmus allerdings nur bedingt, viele Messerfreunde konnten sich damals wie heute mit der SpyderEdge nicht anfreunden und verweigerten den Kauf. Aus diesem Grund brachte Spyderco nahezu alle Modelle auch mit glatten Klingen (PlainEdge, PE) auf den Markt, die sich oft besser verkauften als ihre Pendants mit Wellenschliff. Als Beispiele für die Ablehnung der SpyderEdge Klingen durch breite Käuferschichten können unter anderem das Military und das Police dienen. Vor allem bei den „kleinen“ Foldern, also Messer mit Klingenlängen unter 70 Millimeter hat der SpyderEdge Schliff mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Wie bei Military und Police erzielen auch beim Sage, den Messern aus der Zusammenarbeit mit Frank Centofante oder dem „Howard Viele“ die Modelle mit Glattschliff höhere Wiederverkaufspreise.

    Interessanterweise war und ist es beim Civilian genau umgekehrt. Zwar produzierte Spyderco auch eine Modellreihe des Civilian mit glatter Klinge aber der Absatz blieb seinerzeit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Sal Glesser hat dazu einmal bemerkt: „Wir haben einige Messer (Civilians) mit glatter Klinge gemacht. Wie sich später herausstellte, war der Hauptkunde ein Filmhersteller, der die Messer dazu benutzte, Stücke des Filmmaterials von der Rolle zu schneiden. Als wir die Produktion der glatten Klinge einstellten, war es eben dieser Filmhersteller, der unseren gesamten Restbestand dieses Messers aufkaufte“. Danach ist nie wieder ein Civilian mit „plain edge“ Klinge erschienen und die wenigen verbliebenen Exemplare, sind gesuchte Raritäten auf dem Sammlermarkt.

    Wie erklärt sich der Erfolg der SpyderEdge Klinge beim Civilian? Die Antwort versteckt sich im ursprünglich gedachten Einsatzzweck des Messers. Gedacht war es als „Lebensversicherung“ für Polizeibeamte in Zivil, als Backup-Messer für Cops oder als ultima ratio für Angehörigen von Spezialeinheiten. Also eine Verteidigungswaffe, dazu bestimmt, die Kleidung eines Angreifers zu durchtrennen und seine Kampftauglichkeit durch tiefe Schnitte in den Körper zu reduzieren. Nichts könnte diesen Zweck besser erfüllen, als eine Klinge, deren Wellenschliff dafür prädestiniert ist, weiche und nachgiebige Materialien zu schneiden. Zum Beispiel den dicken Stoff einer Winterjacke, eine widerstandsfähige Jeans oder einen gefütterten Handschuh. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die eigenartig geschwungene Form der Klinge als wohl durchdachtes Konstruktionsmerkmal: Egal wie man Schnitte mit einem Civilian ausführt, die gesamte Kraft hinter dem Schnitt liegt an einem einzigen Punkt der Klinge an und potenziert die eingesetzte Kraft. Die Klinge ist schmal, scharf wie ein Katana und der Spyder-Edge Schliff tut ein übriges. Die Wellenform der Klinge zieht die Schneide fast von selbst in den Schnittkanal und dürfte sich im Einsatz als hoch effektiv erwiesen haben.

    Ist das „hässlichste Kampfmesser der Welt“ also tatsächlich James Bond's Liebling? Neben den Eigenschaften des Messers und seiner Spezialisierung auf einen einzigen Einsatzzweck spricht auch die für Spyderco untypische Verkaufsstrategie dafür.

    Wenden wir uns für einen kurzen Moment der aktuelle Serie des Civilian zu: Es wird immer noch unter der 20 Jahre alten SKU „C12GS“ geführt und wird immer noch mit einer Klinge aus VG-10 Stahl ausgestattet. Kein Wechsel auf „moderne“ exklusive und teure Stähle wie es bei den meisten anderen Spyderco Modellen der Fall ist sondern treues beharren auf einem erprobten, robusten, preiswerten Klingenstahl.

    Als Griffmaterial wird bei den Großserienmodellen nach wie vor schwarzes G-10 verwendet. Der aktuelle Katalogpreis beträgt stattliche 289.95 US Dollar und der Straßenpreis liegt in den USA konstant über 220 Dollar. Auf dem europäischen Messermarkt ist das Civilian ein eher seltener Gast und für ein aktuelles Modell muss man dem Händler rund 270 Euro in die Hand drücken. Auf dem Gebrauchtmarkt sieht man hier in Europa nur wenige Civilian, das Messer hat hierzulande keinen großen Käuferkreis gefunden. Dementsprechend sind die Preise für gut erhaltenen Exemplare deutlich niedriger als in den USA anzusetzen.

    Hier die nackten Daten des Civilian im Überblick:

    Klingenlänge: 105 mm
    geschliffene Klinge: 95 mm
    Klingenstärke: 3mm
    Klingenstahl: VG-10 (Früher auch: G2, später ATS55)
    Klingenverriegelung: Back-Lock
    Grifflänge: 101 mm
    Griffmaterial: G-10 (Variante: Carbon)
    Gesamtlänge: 233 mm
    Gewicht: 134 Gramm


  • Beim Civilian findet sich eine weitere Besonderheit, die so in der Spyderco Welt meines Wissens kein zweites Mal vorkommt. Ein anderes Messermodell mit einem anderen Namen wird unter der gleichen SKU Prefix (C12) wie das Civilian geführt. Es handelt sich um das Modell „Matriarch“. Der Unterschied zwischen diesen beiden Messern zeigt sich erst im Suffix der SKU: Civilian C12G oder C12GS und Matriarch 2 C12BK. Dabei sind die Unterschiede zwischen beiden Messern mehr als deutlich.

    Hier die nackten Daten des Matriarch2 im Überblick:

    Klingenlänge: 90 mm
    geschliffene Klinge: 84 mm
    Klingenstärke: 3mm
    Klingenstahl: VG-10
    Klingenverriegelung: Back-Lock
    Grifflänge: 123 mm
    Griffmaterial: FRN
    Gesamtlänge: 213 mm
    Gewicht: 100 Gramm

    Beim Matriarch bzw. dessen Nachfolger Martriarch2 handelt es sich um eine verkleinerte und preiswerter produzierte Variante des Civilian. Laut Spyderco geht die Entwicklung des Matriarch auf einen Wunsch des südafrikanischen Generalimporteurs zurück, der sich eine preisgünstige Alternative zum Civilian wünschte. Schwer verständlich warum Spyderco zwei letztlich total verschiedene Messer unter der gleichen SKU führt und damit für reichlich Verwirrung sorgt.

    Das allererste Civilian besaß den schmucklosen, aus mattierten Aluminium (T6062-T6) hergestellten Griff, der zu Beginn der 1990er Jahre bei Spyderco typisch war und sich bei nahezu allen Messermodellen dieser Phase findet. Die Klinge aus G-2 Stahl wird mittels eines Back-Lock verriegelt, der bei den ersten Modellen noch keinen Boye-dent besaß. In der zweiten Generation der Civilian-Familie kamen neben G-2 auch ATS55 als Klingenstahl zum Einsatz. Die deutlichste Modifikation erfuhr der Griff. Alle Aussenseiten der Griffschalen wurde mit Tufram veredelt und zusätzlich mit Einlagen aus Kraton versehen. Tufram wurde von Spyderco nur sehr selten eingesetzt und wird heute selbst im Who-is-Who der Edge-U-cation nicht mehr erwähnt. Tufram steht als Sammelbegriff für eine ganze Familie von Beschichtungen für Aluminium bei denen die Oberfläche in Aluminiumoxyd verwandelt wird. Tufram gilt als qualitativ beste Variante Aluminiumoberflächen durch anodisieren gegen Korrosion zu schützen. Weitere Details finden sich auf der Homepage von „General Magnaplate“.

    Die Tufram Oberflächen der Civilians zeigen sich in dunklen Grau und wirken – vor allem für die damalige Zeit – sehr edel. Zwar hat Spyderco die Anodisierung von Griffschalen aus Aluminium bei verschiedenen Modellen eingesetzt aber diese Veredelungstechnik konnte sich nicht durchsetzten. So schön die Oberfläche in neuwertigen Zustand aussieht, so schnell wird sie durch Abriebspuren und Kratzer entstellt. Nach verhältnismäßig kurzer Einsatzdauer ist ein solches Messer von Gebrauchsspuren übersät. Abhängig vom Produktionsjahr gab es Civilian Modelle mit Tufram-Coating mit G-2 oder mit ATS55 Klingenstahl; sie trugen mit „serrated blade“ die SKU C12TUFS und mit „plain edge“ die SKU C12TUFP.

    Bei den Civilians der zweiten Generation sind in beide Griffschalen und sogar den Gürtelclip schwarze Einlagen aus Kraton eingeklebt. Kraton ist ein gummiartiges, thermoplastisches Polymer, das als flexibles und rutschhemmendes Inlay die Griffigkeit des Messers erhöhen sollte. Diese Funktion erfüllt Kraton hervorragend, selbst mit nassen Händen oder Handschuhen liegt des Messer sicher in der Hand. Trotzdem konnte sich das Prinzip der Kraton-Einlagen nie wirklich durchsetzen und blieb auf einige wenige Messermodelle dieser Periode beschränkt. Neben dem „Spur“ (C32) und dem „Stretch“ (C90) wurden zum Beispiel auch die beiden Fixed „Bill Moran“ (FB02) und „Fred Perrin Street Bowie“ (FB04) mit Kraton Griffen versehen. Kraton ist praktisch, sieht aber schlicht nach Gummi aus und wirkt „billig“. Viele Messerliebhaber konnten sich für die „Gummigriffe“ nicht begeistern und so blieb die Verwendung dieses Materials auf wenige Messer beschränkt.



    Wesentlich edler kommt ein Sondermodell des Civilian daher. Die Klinge dieses Messers blieb unverändert und wurde aus ATS55 hergestellt. Als Griffmaterial wählte man Kohlefaser, wodurch das Messer in seiner Erscheinung massiv aufgewertet wurde. Es handelt sich bei der Carbon-Variante des Civilian nicht um einen „Sprint-run“, also ein zeitlich oder zahlenmäßig limitierte Sonderauflage, sondern um ein zusätzliches Standardmodell, das parallel zur G-10 Version angeboten wurde. Civilians mit Carbon-Griffschalen kamen in mehreren Versionen auf den Markt:

    1. Rechtshändermodell mit „serrated blade“ im Lederpouch (C12CFRHS)
    2. Linkshändermodell mit „serrated blade“ im Lederpouch (C12CFLHS)
    3. Rechtshändermodell mit „plain edge“ im Lederpouch (C12CFRHP)
    4. Linkshändermodell mit „plain edge“ im Lederpouch (C12CFLHP)

    Einige Messer sollen in dekorativen Holzschachteln ausgeliefert worden sein. Gesehen habe ich allerdings noch nie eines dieser „boxed“ Civilians. Auch die Internet-Recherche brachte kein einziges Fotos einer solchen Box ans Licht, eventuell handelt es sich nur um einige wenige, von Spyderco als Geschenk verteilte Sonderexemplare. Wie bei Spyderco üblich, wurden die ersten 1000 Messer nummeriert. Die Nummernvergabe schloss beide Klingentypen sowie Rechts- und Linkshändermodelle ein. Alle Varianten des Civilian mit Carbon-Grifffschalen sind heute gesuchte Sammlerstücke und nur schwer aufzutreiben. Besonders die nummerierten Exemplare mit Glattschliff sind rar und erzielen Fabelpreise auf dem Sammlermarkt.

    Die Civilian Variante mit Tufram Beschichtung und Kraton Einlagen ist heute ebenfalls bei Sammlern sehr gefragt. Exemplare in Bestzustand können Preise über 400 US Dollar erzielen.


    Zugegeben, ein Kampfmesser braucht in unserem Land niemand. Das Tragen des Civilian wird zudem durch das WaffG eingeschränkt. Ein Highlight in der Vitrine ist es allemal und neben seinen überzeugenden Eigenschaften für "cops working in crack houses": es gibt kein Messer das besser geeignet ist, ein frisches Sonntagsbrötchen aufzuschneiden :D

    Salü!

    Einmal editiert, zuletzt von Gast (26. Juli 2014 um 10:26)

  • Kangal,

    Du bist eine Spyderco Enzyklopädie!

    Mal wieder ein sehr gehaltvoller Beitrag. Danke dafür!

    - was manche Mitglieder hier so alles wissen!?-

    Gruß

    The Lem

  • Danke fuer diesen Super Beitrag !
    ^Zur info: Parallel baute Spyderco auch den auf dem Civilian basierte Matriarch:

    The female leader of a herd of elephants is called a Matriarch. The Spyderco Matriarch came about in the 1990s after a South African distributor requested a lightweight folder similar to the Spyderco Civilian (intended for female defense).

    He wanted the attributes of the Civilian with its tremendous cutting effort but in a smaller size and thicker at the tip of the blade for general use. We made him the Matriarch which eventually was discontinued but is being revived for a limited time during the summer of 2010 as a Sprint Run.

    The Matriarch handle in coco-brown features the Volcano Grip FRN handle to ensure solid grip performance while cutting.

    Shaped like a backward “S” and full at the belly, the VG-10 blade is available with a SpyderEdge or PlainEdge. With the curving thick tip, both edge configurations are highly effective when cutting using just the tip or when using a full arm motion. A left/right hand clip affixes the folder to carry tip-up in a pocket.
    1/4 inch shorter than the Civilian.

    Hier meins:

  • Vielen Dank euch allen für die netten Kommentare, Ergänzungen und natürlich die Buzzer. :freu:
    Habe mich sehr gefreut, vor allem, da dieses Messer durch seine extreme Konzeption nur wenig Fans hat. Auch nachdem ich mich einige Zeit mit dem Messer und seiner Geschichte befasst habe, hat es mich nicht überzeugt. Es reizt durch seine Einmaligkeit, die Kompromisslosigkeit des Designs und macht in der Vitrine etwas her. Einige Tage habe ich ein Civilian als "Zweit-EDC" mit mir herum getragen aber außer zum Brötchenaufschneiden ist es imho im Alltag kaum zu gebrauchen. Vor einiger Zeit habe ich ein anderes Messer "gefunden", das mich seitdem auf Schritt und Tritt begleitet aber davon mehr im nächsten review...

    Schönen Sonntag euch allen!Thomas

  • aber außer zum Brötchenaufschneiden ist es imho im Alltag kaum zu gebrauchen.

    HiHi Thomas,

    erstmal: Super-kenntnisreiches Review! Danke!

    Dann: In Rußland - wo es bekanntlich küchenmäßig kerniger zugeht als im Saarland - werden mit dem Civilian ganze Menüs vorbereitet! Du lachst Dir den Ast, wenn Du den Typen einen Hühnereintopf kochen siehst. Zuerst zerlegt er das Huhn, dann schnippelt er das Gemüse (HIghlight: die Tomaten, ab 6:00) - und zuletzt schält er mit dem Teil noch Kartoffeln (9:30)! http://www.youtube.com/watch?v=4PoVVwNY3pE

    Auf dass auch Du das eigentliche Potential der Klinge im Alltag erkennen mögest! Es braucht eben einen Filigrantechniker,

    lacht
    Stefan

    P.S. Das Civilian findet nur der hässlich, der das Spyderco Szabo nicht kennt...

  • Ueberzeugend !!! Danke ! :huh:


    ref:
    Dann: In Rußland - wo es bekanntlich küchenmäßig kerniger zugeht als im Saarland - werden mit dem Civilian ganze Menüs vorbereitet! Du lachst Dir den Ast, wenn Du den Typen einen Hühnereintopf kochen siehst. Zuerst zerlegt er das Huhn, dann schnippelt er das Gemüse (HIghlight: die Tomaten, ab 6:00) - und zuletzt schält er mit dem Teil noch Kartoffeln (9:30)! http://www.youtube.com/watch?v=4PoVVwNY3pE

    Auf dass auch Du das eigentliche Potential der Klinge im Alltag erkennen mögest! Es braucht eben einen Filigrantechniker,

    The Mad Hatter
    "Si vis pacem, para bellum" Flavius Vegetius c.375

  • Dann: In Rußland - wo es bekanntlich küchenmäßig kerniger zugeht als im Saarland -

    Moin Stefan!
    Super Video, Russlands Antwort auf Lafer & Lichter :rofl:

    Da zeigt sich, dass das Messer tatsächlich zum schneiden von Fleisch entwickelt wurde! Das Hähnchen schneidet das Civilian ja durchaus passabel aber spätestens bei der Zwiebel muss ich weinen... Gewisse allround Fähigkeiten kann man dem Messer jedenfalls nicht absprechen. Vor allem, wenn man sein Gemüse gerne in größeren Stücken zu sich nimmt...... :stopping:

    Salü
    Thomas

  • Toller Bericht!

    Seit heute besitze ich auch ein Civilian und ich muss sagen, dass ich meines Erachtens noch kein solch ungewöhnliches Messer besessen habe.

    Meine Frau hat beim Anblick des Civilian regelrecht das Fluchen angefangen ;)