Zum bevorstehenden Abschluss des Jahres mit der CC ein paar philosophische Gedanken…
Es gibt es kaum ältere Werkzeuge als Schneidwerkzeuge und keinen anderen Gebrauchsgegenstand, welcher öfter hergestellt und verwendet worden ist. Auch in einer modernen Gesellschaft mit all ihren zweifelhaften Errungenschaften brauchen wir noch immer Messer um Behältnisse zu öffnen, Essbares zu zerteilen oder Dinge herzustellen – manche können damit auch noch selber ernten oder Beute machen.
In unserer Zeit mit all ihrem Überangebot und der zumindest theoretischen Möglichkeit immer alles zu jeder Zeit kaufen zu können und einer übertriebenen generellen Spezialisierung, hat es mir jedenfalls großen Spaß bereitet, freiwillig auf etwas zu verzichten und sich ein Jahr lang intensiv mit einem einzelnen Werkzeug zu beschäftigen.
Die Aktion könnte man noch damit abrunden, mit dem weiteren Ansammeln Schluss zu machen und sich einzugestehen, dass ich habe, was ich brauche: Ein Messer, mit dem ich ein Jahr lang alles bearbeiten konnte, was ich wollte: Nahrung, Werkstücke, Pflanzen und vieles mehr.Der einzige Punkt, den ich mir leichter vorgestellt habe, ist die Tragbarkeit in meinem Umfeld: Ein Messer dieser Größe geht halt nicht immer und überall, wobei ich mit der Klammer-Köcherscheide die Möglichkeit habe, es komplett „inside“ zu tragen, also nicht nur hinter Gürtel sondern hinter Gürtel und Hose am Körper. Diese Trageweise bedingt zwar die Entfernung meiner selbstgestrickten Klammersicherung, ist aber relativ angenehm und geht auch mit Sommerkleidung. Hier punktet Leder natürlich auch voll – Kydexscheiden sind immer unangenehmer auf der Haut bzw. am Körper zu tragen. Bei den Temperaturen in den vergangenen Wochen kommt die Formbeständigkeit des Leders gegenüber Kydex noch mehr Bedeutung.
Abschließend kann ich festhalten, dass die Carbon Cobra für meine Zwecke ausreichend dimensioniert, im Handling angenehm und ergonomisch, im Schneiden sehr effektiv, in der Abnützung und im Verschleiß sehr dauerhaft ist und sich die Investition in ein handgemachtes Messer in dieser herausragenden Qualität immer auszahlt. Für die Bandbreite meiner gesamten Schneidaufgaben ist und bleibt die 12 cm-Klinge eine gute Wahl – der Generalist ist im einzelnen jedoch immer dem Spezialisten unterlegen. Wie ich schon weiter oben irgendwo geschrieben habe, geht unter 12cm natürlich auch noch viel sehr gut, die Küchentauglichkeit nimmt aber meiner Meinung nach relativ rapide ab. Für mich würden 9 bis 10 cm Klinge reichen, wenn ich die Küche ausklammere. Diese war aber eines der Hauptbetätigungsfelder der CC ….tricky!
Ganz allgemein noch ein paar Worte zu Boll-Messern: Ohne wirklich viel davon zu verstehen, bin ich der Meinung, dass der japanische Begriff „wabi-sabi“ exakt auf Daniels Messer zutrifft. Die nicht vordergründige Schönheit im Alten, Patinierten, Gereiften kommt durch die teilweise entfernten Brünierungen, die oxidierten Kupferoberflächen, den anlaufenden Stahl und die fast ausschließlich natürlichen Griffmaterialien zum Ausdruck. Die Schlichtheit in den Ausführungen - kein Detail zu viel, nie überladen - und vor allem die immer stimmigen Linien in den Radien zueinander bringen eben diese Ästhetik in ein Messer.
Ich schließe mit einem Zitat von Wilhelm Raabe, dass wahrscheinlich auf alle hier zutrifft: „Wir bleiben immer Kinder, und, so klug wir auch werden mögen, wir behalten uns immer die Lust, mit scharfen Messern und spitzen Scheren zu spielen.“
In diesem Sinne beste Grüße und schönen Sonntagabend, Claus